Zu den Besonderheiten einiger zylindrischer Schalmeien der Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des Saarlandes
(Entstanden im Jahre 2010; vorgesehen als Vortrag an der Musikhochschule des Saarlandes in Saarbrücken)

Wenn nun von „einigen zylindrischen“ Schalmeien die Rede sein soll, so sind vor allem die Instrumente gemeint, welche Sie hier auf meinem Rednertisch vor Ihnen aufgereiht sehen können, und zu denen ich vorhabe, diese während meines Vortrages eingehender vorzustellen und einige davon auch ein bisschen anzuspielen. Es sind alles Instrumente mit „Doppelrohrblatt“ und zylindrischer Bohrung und es handelt sich ausschließlich um von mir selbst hergestellte Musikinstrumente. Ich werde also heute auch Näheres zu den Konzeptionen und Motivationen dieses „Selbermachens“ sagen.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass diese Instrumente, welche ich speziell für diesen Vortrag hier aus meiner Werkstatt in Berlin mitgebracht habe, nun bereits als weiterer Bestandteil meiner wissenschaftlichen Musikinstrumentenschenkung an ihre Hochschule in Ihr Eigentum übergegangen sind.
Vielleicht kann ich dazu noch anmerken, dass dies eben auch als Dank dafür, dass ich hier die Möglichkeit habe, über bestimmte Problemsichten zu musikinstrumenteller Technik vorzutragen zu verstehen sein sollte.(01)
Insofern möchte ich nun anhand dieser selbstgemachten Exemplare auch in einem weiteren Sinne über „Schalmeieninstrumente“ dieser Art sprechen und muss nun auch darauf eingehen, warum ich da eigentlich dieses letztlich doch so unscharfe Wort „Schalmei“ benutze.
Einer dieser Begriffe der Musikinstrumentenkunde, bei dem vielleicht zumeist gewusst wird, „was etwa gemeint sei“, aber eben doch nie wirklich klar ist, was der Begriff wohl tatsächlich genauer bezeichnen soll. (02)
Ich möchte mit dem Wort Schalmei nun aber auch in einer unmissverständlichen Weise umgehen können und habe im Zusammenhang damit auch ganz bestimmte Absichten.
Üblicherweise wird bei dem Wort „Schalmei“, welches wohl allgemein als „volkstümliche Bezeichnung“ für bestimmte „volkstümliche Instrumente“ verstanden wird, zumeist doch an primitivere und/oder auch an historisch ältere, bzw. an bestimmte, unseren moderneren Blasinstrumentenentwicklungen vorhergegangene Musikinstrumentenerscheinungen gedacht. Aber daran denke ich nun hinsichtlich der hier vorliegenden Instrumente gerade nicht.
Mit diesen Schalmeieninstrumenten möchte ich etwas ganz anderes aussagen und vorführen,
denn es handelt sich bei diesen nun nicht um das, was man ansonsten vielleicht als „historische Musikinstrumente“ oder etwa den Versuch der Revitalisierung des Gebrauchs alter Musikinstrumente im Sinne der Wiederaufführung von „alter Musik“ oder Ähnlichem verstehen möchte. Mir geht es hier vielmehr um ganz bestimmte, durchaus mit dem Blick auf gegenwärtig mögliche und vielleicht auch zukünftig denkbare Musikinstrumenten-Novitäten konzipierte, moderne „vergleichsanalytische Experimentalmodelle“, deren Herstellung nicht einfach im Sinne der Rekonstruktion möglicher musikinstrumenteller Vergangenheiten, sondern eher im Sinne eines besseren Verständnisses bestimmter, gerade auch zukünftig weitersinnig nutzbarer Möglichkeiten von bisherigen musikinstrumentellen Entwicklungen betrieben wurde. Insofern geht es hier also auch um „Schalmeien-Instrumente“ in einem ganz anderen „Begriffssinne“ von „Schalmei“. Ich hoffe dabei, dass es mir heute gelingen möge, gerade das, was ich soeben in quasi „musikphilosophisch abstrakten Worten“ auszudrücken versucht habe, eben auch noch mit eher musikantisch konkret vorführbaren Instrumentalbeispielen verdeutlichen zu können.
Auf dem Wege dahin möchte ich aber, nun wiederum als Philosoph, eine bestimmte, als Widerspruch angelegte und auf weiteren Widerspruch und Veränderung abzielende Position gegenüber der Musikwissenschaft verdeutlichen, also eine entsprechende ’Parteiung’ aufmachen. Da ich als Philosoph zu denen gehöre, die stets Veränderungen der Wirklichkeit im Sinn haben und dies natürlich in der Arbeit an Begriffen und mit Begriffen zu bewerkstelligen versuche, denke ich dann sowohl an ein im Prinzip ganz „unerbittlich unverzichtbares“ Anliegen, welches nur als Forderung akzentuiert werden kann, als auch an ein dabei zwar ebenso unerbittlich notwendiges, aber doch auch für Kompromissgestaltungen durchaus offenes Diskussions-Anliegen, in Form eines Vorschlages.
Was meine Forderung anbelangt, so könnte ich nun all das wiederholen, was ich bereits mehrfach in Bezug auf die dringende Notwendigkeit einer Modernisierung des Denkens zur „Systematik der Musikinstrumente“ dargelegt habe. Ich denke eben, dass hier unbedingt auf Veränderungen in den Musikwissenschaften bestanden werden muss, und sehe in diesem Sinne - wie Sie aus all meinen bisher hier gehaltenen Vorträgen wissen können - auch voller Spannung dem von der Musikwissenschaft im Jahre 2014 entsprechend zu bedenkenden hundertsten Jahrestag der bekannten Musikinstrumenten-Systematik von Sachs und Hornbostel entgegen, von der Sie wissen, dass ich sie schon im Ansatz für grundsätzlich verfehlt und dann auch hinsichtlich vieler Einzelheiten einfach für völlig falsch halten muss.
Meiner Unerbittlichkeit in dieser Angelegenheit kann ich aber von Fall zu Fall auch die Form von entsprechenden „Diskussions-Anliegen“ geben, und in diesem Sinne sieht dann auch mein Vorschlag in punkto „Schalmei“ folgendermaßen aus:
Dieser musikinstrumentenkundlich bislang kaum klar festgelegte, letztlich aber doch bereits fest etablierte Begriff sollte, meiner Meinung nach, sowohl aufgrund seiner offensichtlich breitsinnigen Bedeutungsvielfalt hinsichtlich allerlei möglicher, aber in der Regel eben nicht flötenartiger bzw. „primär-aerophoner“ Blasinstrumente und auf Grund seiner offensichtlichen Bedeutungskraft, die mit seiner Hilfe umrissenen Instrumente vornehmlich unter historischem, also auch entwicklungsgeschichtlichem Aspekt, zusammen zu erfassen, in einen anderen musikinstrumentenkundlich-terminologischen Status erhoben werden. Einen Status, welcher auch der Ehrwürdigkeit der Instrumentalentwicklungen entspricht, denen er bislang schon, wenn auch nicht immer in klar definierter Weise, tendenziell entsprochen hat.
In diesem Sinne sollte er nun, außer auf alle entsprechend angeblasenen Membranophone (wie eben beispielsweise die hier von mir dazu heute vorgelegten Instrumente) auch alle entsprechend angeblasenen Lamellophone umfassen. Bezogen auf die sechs Bereiche systematisch zu unterscheidender „angeblasener Röhrenkonstruktionen“ im Sinne des von mir in meinem letzten Vortrag vorgestellten „systematisch – systemischen Expositions-Projektes“, wäre dabei also zunächst deutlich, dass alle dort in den Bereichen drei bis sechs erfassten Blasinstrumente unter den Begriff der „Schalmei“ fallen. Es ist dann aber auch sofort zu fragen, wie dabei denn nun der zweite Bereich, also die „Bläserlippeninstrumenten“ zu betrachten wären.
Da ich bereits vorgeschlagen habe, dass dortige primäre WESO, also die Lippen des Bläsers, als „Polstermembranen“ aufzufassen, liegt nun nahe, dass ich also auch dazu tendieren werde, dem „Schalmeien-Begriff“ auch für diesen Bereich eine grundsätzliche Gültigkeit zuzuordnen. Und auch wenn man einwenden mag, dass er bislang doch zumeist eher in Hinsicht auf klarinettenartige und oboenartige Instrumente verwendet wurde, muss ich dem sofort zumindest ein sehr deutliches Beispiel eines in volkstümlicher Weise als Schalmei bezeichneten Bläserlippen-Instrumentes entgegen stellen. Zumal es sich bei diesem auch um ein bemerkenswertes Original-Instrument aus dieser Sammlung hier handelt. Ich meine das handliche „Thüringer Hirtenhorn“, zu welchem ich, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, vorgeschlagen hatte, es in demonstrativer Weise als ein „Holzinstrument“ neben einem hölzernen Zinken, in den entsprechenden zweiten Bereich der angestrebten systemisch-systematischen Exposition bestimmter Blasinstrumente einzuordnen, in welchem manche Besucher doch eher „Blechblasinstrumente“ erwarten mochten…
Dieses Instrument wird nun in den Gegenden Thüringens, in denen es noch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts als Alltags-Werkzeug des dortigen Hirtenwesens üblich war, von den Leuten allgemein als „Hirtenschalmei“ bezeichnet. Wenn also dort das wohl in ganz Deutschland bekannte Volkslied, „Es tönen die Lieder, der Frühling kehrt wieder, es spielet der Hirte auf seiner Schalmei“ zu bedenken ist, dann liegt auf der Hand, dass es sich dabei um ein hölzernes Horn handelt. Ein Instrument, welches dann freilich von Musikwissenschaftlern zuweilen auch gerne - und dies keineswegs nur irreführend - als „kleinere Variante eines europäischen Alphorns“ bezeichnet wird. Obwohl es in Thüringen doch keine Alpen - aber eben viele Menschen, die ihre dortige ’Hirtenschalmei’ noch kennen - gibt.
Natürlich werden wir uns, falls ein solcher umfassender Begriff von Schalmei zu musikwissenschaftlicher Akzeptanz gelangen kann, verschiedentlich gedanklich umstellen müssen. So etwa, dass dann ein so überaus hoch und exquisit entwickeltes Musikinstrument wie die moderne Oboe nun dem Wesen nach als Schalmeieninstrument zu gelten hätte, wo es doch zuvor fast immer geradezu gegenteilig aussah, indem der Begriff Schalmei da doch eher als – ich sagte es schon – primitivere Vorform der demgegenüber eben viel edleren und hochentwickelten Oboe zu gelten hatte. Aber sobald wir – um nun dieses Beispiel erforderlichen Umdenkens und verbindlicheren Eindenkens näher zu betrachten – hier die musikwissenschaftliche Literatur näher anschauen, so finden wir eben (zumal bei Sachs und Hornbostel) auch das glatte Gegenteil, dass nämlich weitaus einfachere Instrumente als die moderne Oboe, allein aufgrund der Tatsache, dass sie über „Doppelrohrblatt“ und konische Bohrung verfügen, schon als Oboen bezeichnet werden. Und in Hinsicht auf die Klarinette, deren historischer Vorläufer, das Chalumeau, schließlich eine Bezeichnung trägt, welche auch als ein deutlicher Vorläufer unseres bislang üblichen Begriffes Schalmei gelten kann, müssten wir uns auch immer wieder entsprechend neu in einen neukonzipierten Begriff von Schalmei eindenken und eben auch immer wieder umdenken können, wenn wir es dann, was wir ebenfalls in der Musikwissenschaft finden, auch mit solchen Instrumentenbezeichnungen wie „zylindrische Oboe“ zu tun haben können. Wieder ein ganz anderer Begriff von „Oboe“, der sich nun lediglich auf den Umstand bezieht, dass wir es eben auch mit Doppelrohrblättern an zylindrischen Röhren zu tun haben können. Also genau mit solchen Instrumenten, wie ich sie heute hier vor Ihnen ausgebreitet habe. Und da kann man nun fragen, ob diese nicht doch vielleicht, in wohl ebenso berechtigter Weise, auch alle als „Doppelrohrblattklarinetten“ zu bezeichnen wären. Auch diese Darstellungsweise - welche zunächst auch einleuchtend erscheinen mag – findet sich in der musikinstrumentenkundlichen Literatur, wird von mir aber noch heftiger abgelehnt. Und doch werde ich - und möchte dies hier bereits vorweg gesagt haben - genau dieses Wort „Doppelrohrblattklarinette“ in meinen weiteren Ausführungen zu diesen Instrumenten hier alsbald benutzen. Allerdings eben wiederum nur in einem ganz speziellen Sinn, der sich dann eben nur auf solche speziellen Schalmeieninstrumente mit zylindrischer Bohrung und Doppelrohrblatt bezieht, welche auch tatsächlich über die klarinettenanaloge Möglichkeit des Überblasens in die Duodezime verfügen. Also auf Musikinstrumente, welche es - wie Sie wissen können - ,gemessen am üblichen, oder auch „offiziellen“ Wissensstand der Musikinstrumentenkunde, doch eigentlich gar nicht gibt. Aber vielleicht werden Sie sich bereits denken können, dass ich hier natürlich vorhabe, auch diesen „Wissensstand“ grundsätzlich zu erweitern. Und auf dem Wege dahin sollten eben zunächst auch bestimmte Begriffe in klärender Weise fixiert werden.
Ich möchte also, auch im Sinne der Überwindung aller hier immer noch in verunklarender Weise möglicher Hin- und Her- Bewegungen im Umgang mit entsprechenden Begrifflichkeiten und Worten der Musikinstrumentenkunde, doch gerne auf meinem Vorschlag einer entsprechenden Umbewertung und „Bedeutungsneufestlegung“ des Wortes „Schalmei“ bestehen. Und das wird letztlich auch bedeuten, dass, so gesehen, eben alle Instrumente des hier vorgeschlagenen Projektes einer systematisch -systemisch eingerichteten Exposition von Blasinstrumenten, bei welchem sechs speziell zu unterscheidende Bereiche ins Auge gefasst wurden, damit wiederum in zwei große Bereiche zerfallen: Einerseits die Flöteninstrumente, also alle „primär-aerophonen Blasinstrumente“ des ersten Spezialbereiches und zum anderen also die „Schalmeieninstrumente“, die innerhalb der anderen speziellen Bereiche erfasst werden und dann dort in einem jeweils weiter zu differenzierenden Sinne als anzublasende „Bläserlippen- oder eben Polstermembranen-Instrumente“, sowie weitere entsprechend spezielle Membranophone und eben auch unterschiedliche Lamellophone, unterteilt werden können.
Freilich ließe sich für die Übernahme einer dementsprechenden Begriffsfunktion nun auch eine ganz neue Wortkonstruktion, ein ganz neuer musikwissenschaftlicher Begriff erfinden, und ich denke, dass künftige Musikwissenschaft auch gezwungen sein wird, in bestimmten anderen Fällen in einer solchen Weise aktiv zu werden und sich dann vielleicht zuweilen auch zu hässlichen neuen Wortkonstruktionen hinreißen lassen wird. Ich denke aber eben auch, dass uns, in unserem Falle hier, bereits gegenwärtig dieses spezielle Wort „Schalmei“ zur Verfügung steht, um mit dieser durchaus noblen Sprach-Möglichkeit einen etwas klareren und auch klärenden Umgang mit entsprechenden Worten und Begriffen der Musikinstrumentenkunde einzuleiten, und setzte mich in diesem Sinne eben dafür ein, dieses aus meiner Sicht durchaus besonders beachtenswerte und eben auch – wie ich meine - besonders wertvolle Wort, bezüglich seines spezifischen Wertes ernster zu nehmen. Diesen besonderen Wert sehe ich dabei – wie ich hier zunächst vage formulieren möchte – sowohl in Hinsicht auf seine besondere „etymologische Würde“, als auch in Hinsicht auf die (meiner Meinung nach eben zu vermerkenden) besonderen „Feinsinnigkeitsbedeutungen“ dieses Begriffes innerhalb der deutschen Sprache, die dann vielleicht auch gelegentlich möglicher vergleichender Wort-Analysen im Sinne der Erarbeitung eines sensibleren Verständnisses der Mentalitätsgeschichte der Deutschen bedacht und deutlich gemacht werden können.
Wenn man dies unternehmen möchte, so bieten sich aus meiner Sicht zwar zunächst nicht allzu viele spezifische Vergleichsmöglichkeiten an, aber wir haben es dann doch zumindest mit einem überdeutlich bedeutungsvollen „Begriffs-Pendant“ zu tun. Denn schließlich wurden bislang außer mit dem Wort „Schalmei“ ja auch mit dem Wort „Pfeife“, welches ich im Weiteren auch immer wieder benutzen werde, allerlei mögliche und dabei ganz verschiedenartige Blasinstrumente bezeichnet oder auch „umschrieben“.(03) Aber auch in einem solchen Vergleich scheint mir letztlich das Wort „Schalmei“ innerhalb unseres Sprachgebrauches durchaus geeigneter, um daran, eben auch im Sinne einer genauer festzulegenden, musikwissenschaftlich besser umrissenen Bezeichnung, anzuknüpfen. Eine Musikinstrumentenbezeichnung, welche eben auch weiterhin eingehender im Sinne ihrer inhaltlichen Qualifizierung bedacht werden sollte, um sie nicht künftig etwa einfach an der Seite von „Tröten, Tuten und Hupen“ verlottern zu lassen; - was schließlich innerhalb deutscher Sprachentwicklung auch möglich ist.
Soweit zur Verteidigung der von mir hier vorgeschlagenen Benutzung des Wortes.
Nun aber – was mir letztlich viel wichtiger ist - zur weiteren inhaltlichen Auslotung dieses Vorschlages selbst. Denn mit dieser „Begriffsinitiative“ möchte ich schließlich nicht nur Missverständnisse vermeiden oder vielleicht ein mir besonders liebes Wort „wissenschaftsterminologisch“ aufgewertet wissen, sondern vielmehr deutlichere Orientierungen auf besondere Verständnismöglichkeiten zu musikinstrumenteller Technik eröffnen. Verständnismöglichkeiten, die wir uns versagen oder eben auch immer wieder selbst verbauen würden, wenn es uns nicht gelingen kann, irgendwann doch einmal auch mit klareren Begriffen in den Musikwissenschaften umzugehen. Und in diesem Sinne muss nun wiederum betont werden, dass wir es gerade bei diesen, jetzt von mir unter dem Begriff „Schalmeieninstrumente“ zusammengefassten Instrumentalbereichen innerhalb des Gesamtgebietes aller „natürlich-akustischen Musikinstrumente“, mit einer Reihe von ganz außergewöhnlich bemerkenswerten und auch höchst aktuellen Besonderheiten zu tun haben. Ähnlich wie bei den Flöteninstrumenten, haben wir es auch bei Schalmeien mit einem Musikinstrumentenbereich zu tun, der inzwischen offenbar in besonderer Weise in Bewegung geraten ist.
Am deutlichsten vielleicht innerhalb des dabei hervorzuhebenden, ganz neuartigen vierten Bereiches von Blasinstrumenten mit Ganzmembran-Tongenratoren, aber eben auch in Bezug auf ein von daher entstandenes neuartiges Tonveränderungssystem, welches in künftigen musikinstrumentellen Entwicklungen wohl auch für alle sechs Bereiche relevant werden kann. Und mit neuen Beweglichkeiten werden wir es wohl auch in Hinsicht auf den sechsten Bereich von Tongeneratoren mit entsprechenden „durchschwingenden“ Zungen, also Musikinstrumenten, die bislang in Europa offenbar nur ungenügend verstanden, aber andererseits auch wieder spezifisch weiterentwickelt wurden, zu tun haben; - ganz abgesehen von einem (wie ich in diesen Zusammenhängen ebenfalls bereits dargelegt hatte) möglicherweise noch zu erwartenden, dann wiederum völlig neuartigen, siebenten Bereich von möglichen Schalmeieninstrumenten usw…
Bei dieser besonderen Orientierung auf diesen spezifischen „Schalmeienbereich“ unter den Musikinstrumenten ist unser Blick nun nicht nur in Richtung auf entsprechend mögliche zukünftige Entwicklungen zu richten, sondern es muss dabei auch um ein besseres Verständnis von Problemlagen bisheriger dortiger Entwicklungen gehen. Um dies zu verdeutlichen, möchte ich wenigstens auf zwei entsprechend mögliche Problemfragen hinweisen.
Warum ist eigentlich die letztlich doch so einfache und auch technisch durchaus nahe liegende sowie letztlich weitgehend problemlos zu verwirklichende Idee der Kopplung einer oberständig schwingenden Zunge mit einer konischen Bohrung (also das, was wir vom Saxophon und dem später entstandenen Tarogato wissen) erst so spät entstanden und verwirklicht worden, wo doch die viel schwierigere Herstellung weitaus feiner angelegter konischer Bohrungen mit weitaus aufwändiger konzipierten Doppelrohrblatt-Tongeneratoren schon lange zuvor so überaus gut beherrscht wurde?
Vielleicht kann man unter diesem Blickwinkel dann auch fragen, ob es nicht auch schon zum Zeitpunkt der Erfindung der Klarinette durchaus nahe liegend gewesen wäre, bereits damals eine Art „hölzernes Saxophon“ zu entwickeln, zumal ein solches Instrument dann doch auch hinsichtlich der Herstellung seiner konischen Bohrung und seiner damit in die Oktave führenden Überblaseigenschaften durchaus unkomplizierter weiterzuentwickeln gewesen wäre als die damaligen ersten Klarinetteninstrumente?
Ich weiß freilich, dass es zu derartig gestellten Fragen auch bestimmte, zuweilen auch ausgesprochen ausgeprägte Denkhaltungen gibt, die solche Fragestellungen stets abweisen und prinzipiell für sinnlos halten möchten und meinen, dass man über die Geschichte und das Tun und Lassen bisheriger Generationen eben nicht mehr wissen kann, als das, was in dieser Geschichte auch wirklich tatsächlich stattgefunden hat, und diese also auch nicht weitergehender befragen sollte…
Gegen eine solche, letztlich eben doch einschränkende, Sicht ist auch nicht immer leicht anzukommen.
Ich habe aber eine ganz andere Sicht und Denkhaltung, in welcher die Welt und ihre Geschichte eben unter dem Aspekt ihrer stets möglichen Veränderbarkeiten und dem suchenden Blickwinkel nach den in allen Entwicklungen stets auch in vielfältig alternierender Weise mitschwingenden Veränderlichkeitstendenzen betrachtet werden.
Und um dies nun auch noch in einer anderen, von mir ebenfalls bereits verschiedentlich diskutierten Weise zu verdeutlichen, vielleicht auch folgende Zusatz-Frage, die freilich nun wiederum von ganz anderer Qualität ist und auch die spezielle Instrumentenbezeichnung erforderlich machen wird, welche ich bereits angekündigt hatte:
Warum ist in diesen musikinstrumentellen Entwicklungszusammenhängen eigentlich bislang noch kein Instrument im Sinne einer „Doppelrohrblatt-Klarinette“ entstanden - also ein entsprechend zylindrisches, mittels einiger Klappen auch in die Duodezime überblasbares Doppelrohrblatt-Instrument?
Und sofort liegt auch die Frage an, ob und inwieweit so etwas auch tatsächlich möglich sein könnte?
Diese Frage ist dann aber nicht mehr nur in Worten und in der Theorie zu erwägen, sondern letztlich nur im praktischen Experiment näher zu beantworten.
Ich möchte Sie also heute auch damit konfrontieren, welche Wege im Sinne eines solchen Experimentierens ich seither beschritten habe und wie ein solches Experiment bislang bei mir ausgegangen ist, und kann dazu auch sogleich sagen, dass ich eben auch in diesem Sinne und zu diesem Zweck die hier vor Ihnen liegenden Instrumente hergestellt und ausgewählt habe.
Ich muss dazu aber auch auf den in dieser Hinsicht wiederum ausgesprochen eigenartigen geschichtlichen Hintergrund einer solchen musikinstrumentellen Problemstellung in Europa hinweisen.
Wenn wir weltweit nach entsprechenden Schalmeieninstrumenten – also immer noch nach solchen mit zylindrischer Bohrung und Doppelrohrblatt – Ausschau halten, so werden uns davon außerhalb Europas auch heute noch die verschiedenartigsten Original-Exemplare innerhalb gegenwärtigen musikantischen Gebrauchs begegnen können. Und die damit hantierenden Musikanten werden dabei eben auch ihre gegenwärtige, und keineswegs etwa nur “alte Musik“ machen. Unter den Blasinstrumenten der hier ausgestellten Musikinstrumentensammlung befindet sich ebenfalls ein solches durchaus ’gegenwärtiges Volksmusikinstrument’ aus Mittelasien, bei dem sich die Größe seiner zylindrischen Bohrung, aber auch seines, aus europäischer Sicht geradezu riesenhaften Doppelrohrblattes, durchaus in den Dimensionen entsprechend vergleichbarer Klarinetteninstrumente bewegen.
Als Europäer aber stehen wir mit unseren entsprechenden Schalmeieninstrumenten vor einer ganz anderen Situation. Wir werden hier vor allem an das so genannte Krummhorn und eventuell noch die so genannte „Cornamusa“ (inzwischen oft auch – noch irreführender - „Cornamuse“ genannt) zu denken haben.
Beides in mehrfacher Hinsicht höchst eigenartige, seltsame europäische Musikinstrumente der Vergangenheit mit wiederum seltsamen und auch überaus irreführenden Namen. Vom Letzteren ist vor allem die Überlieferung dieses Namens(04) und eine etwas rätselhafte bildliche und textliche Darstellung, aber keinerlei Originalinstrument erhalten.
Wenn wir uns dann mit dieser Problemsicht weiter in unserer Geschichte umschauen wollen, begegnen uns noch andere, durchaus noch rätselhaftere Eigentümlichkeiten: Wir können beispielsweise durchaus häufig in alten Texten auf solche Instrumentennamen wie Douchaine, Dolzaina und Dulciana etc. stoßen, mit denen möglicherweise auch derartige Instrumente benannt wurden, treffen dabei aber weder auf wirklich umfassend genauere Instrumentenbeschreibungen, noch etwa dann auf klare ikonographische Hinweise in dieser Richtung und schon gar nicht auf entsprechende Originalinstrumente. So, als ob sich zwar diese Bezeichnungen und einige Anmerkungen dazu in der Literatur festmachen konnten, es dazu aber ansonsten vielleicht doch keinerlei entsprechend wirkliche Instrumente gegeben habe.
Wir stehen damit also letztlich auch ziemlich ratlos vor dem doch offenbar schwierig herzustellenden Krummhorn. Denn zu dessen Geschichte wissen wir ebenfalls weder Genaueres über die Geheimnisse seiner damaligen Herstellung, noch über die Herstellung oder gar die genauere Existenzweise seiner schlichteren Vorgänger. Viel eher können wir dann noch etwas über weitere, jedoch wiederum überaus schwierig herzustellende, durchaus kompliziertere und dementsprechend seltene bzw. wohl auch eher als „höfisch“ aufzufassende Schalmeieninstrumente gleicher Art (also ebenfalls Instrumente mit zylindrischer Bohrung und Doppelrohrblatt) erfahren, wie etwa Tartölt, Korthold und Rankett. Wir erfahren, aber nichts über entsprechende einfachere Vorläufer…
Es wird doch aber wohl auch in Europa einfachere, ungekrümmte Schalmeien mit gerader zylindrischer Bohrung und Doppelrohrblatt gegeben haben.
Aus kritisch vergleichsanalytisch-organologischer Sicht gehe ich davon aus, dass es solche Instrumente, also die eher ’ungebeugten Geschwister’ des Krummhorns, nicht nur mit hoher Gewissheit häufig gegeben haben muss, sondern, dass es sich bei diesen dann auch mit Sicherheit um den Älteren dieser beiden Geschwister gehandelt hat. Und dann auch davon, dass diese ältere Schwester in der sozialen Wirklichkeit eines nun schon lange vergangenen Musikantentums wohl zunächst auch mehrheitlich gegenüber ihrem jüngeren Geschwister vertreten war. Wobei es dann diesem, mit mehr förmlicher Eleganz ausgestatteten jüngeren wohl mittels seiner zweifellos bemerkenswert ungewöhnlichen und sowohl höchst geheimnisvoll, als auch einigermaßen „künstlerisch-kunstvoll“ anmutenden, gekrümmt- geziert zelebrierten „Bücklingshaltung“, offenbar einfach besser gelungen ist, auf die höheren sozialen Ebenen aristokratisch-höfischen Lebens, und so auch immer wieder in die unmittelbare Nähe entsprechend reflektierend festhaltender, künstlerisch und kunsthistorisch wirksam werdender Aktivitäten und Aufmerksamkeiten, zu gelangen. Und so wissen wir eben heute – was sich in der Geschichte wohl schon oft in gleicher oder ähnlicher Weise zugetragen haben wird – über den minderheitlich präsenten „Edlen“ (auch ganz unabhängig von dessen möglichen tatsächlichen Verdiensten und Leistungen) mehr, als über die wohl eher „von niederem Stande“ oder gar als „plebejisch“ anzusehenden, nun mehrheitlich Untergegangenen. Diese aber wären im Sinne meiner Klarinetten-Fragestellung nun die doch wohl zweifellos Wichtigeren, denn am Krummhorn oder etwa am Rankett wären Weiterentwicklungen in Richtung „Doppelrohrblattklarinette“ dann auch nicht mehr nahe liegend gewesen. Das Krummhorn hatte wohl alsbald eine feste Existenznische in kunstvoll-höfischer Umgebung gefunden, wo es dann auch dem Rankett begegnet sein mochte, welches seinerseits aber alsbald durch die Entwicklungen in Richtung Fagott wieder ins Hintertreffen geraten musste, während das Krummhorn dann auch heute noch, als zwar recht raffiniert gestaltetes, aber doch wohl keineswegs besonders „hoch“ oder „weiterentwickeltes“ Musikinstrument, immer noch in den Händen vieler Liebhaber, sozusagen „im Vordertreffen“, rangiert. Und diese Lage der Dinge hat nun auch zu einem weiteren bemerkenswerten Phänomen geführt.
Innerhalb einer solchen, für dieses Instrument zweifellos lebenserhaltenden Situation von historisierend verklärender Liebhaber-Kultur werden inzwischen einige dieser Instrumente auch mit zusätzlichen Klappen zur Erweiterung ihres Tonumfanges im oberen Bereich ausgerüstet. Klappen, welche bei den historischen Originalen keineswegs zu finden sind. Und wenn man dann innerhalb dieses doch wesentlich historisierenden Krummhorn-Kultes Fragen in Richtung „historischer Authentizität“ oder der „historischen Treue in Hinsicht auf das Original“ oder Ähnlichem stellt, wird man in der Regel zwei deutlichen Antworten begegnen.
Zum einen kann, unter nüchterner Absehung von der abstrakten „Verpflichtung gegenüber historischen Originalen“, ganz konkret und durchaus kaltblütig darauf verwiesen werden, dass es sich eben um eine musikantisch erwünschte Weiterentwicklung eines bestimmten Musikinstrumentes handelt, - also auch um etwas völlig Normales.
Zum anderen kann einem aber auch – und dann zumeist schon weniger kaltblütig und vielleicht auch weiter eifrig historisierend – vorgehalten werden, das zwar tatsächlich bei Krummhörnern solche Klappen nicht vorgekommen sind, diese aber doch in alten Texten hinsichtlich anderer ähnlicher damaliger Instrumente erwähnt werden…
Beide Antworten können sowohl eine gewisse Ernsthaftigkeit, als auch eine bestimmte Berechtigung beanspruchen, bleiben jedoch letztlich wieder seltsam, sobald wiederum der entsprechende geschichtliche Hintergrund eingehender bedacht wird. Denn bei den in historischer Musikinstrumentenliteratur zu findenden Hinweisen auf bestimmte Instrumente mit Klappen, die sich nun vielleicht zur Übertragung auf das Krummhorn anbieten könnten, handelt es sich gerade um die Instrumente, über die wir – wie ich soeben geschildert hatte – zwar in vielen alten Texten ihre Namen und auch bestimmte weitere Hinweise, so unter anderem auch auf solche Klappen, finden können, aber ansonsten eben gar nichts weiter finden. Und hier kann man sich nun entscheiden: Falls man in diesen Instrumenten keine „krummhornrelevanten“ Vorläufer erkennen möchte, so wäre dann auch der Hinweis auf diese „krummhornrelevanten Klappen“ letztlich selbst nicht mehr sonderlich relevant. Wenn man aber - wozu nun ich durchaus neige – in diesen vielleicht doch die noch ungekrümmten älteren Brüder und Schwestern des Krummhorns vermuten möchte, so wird die Sicht auf die Entwicklungsgeschichte dieses gekrümmten Instrumentes eine noch seltsamere Angelegenheit. Denn diese wäre dann vielleicht auch noch deutlicher in folgender Weise zu bedenken: Die unübersehbar bemerkenswerten Formeigenschaften dieses zweifellos bemerkenswerten Instrumentes, welches sich auf eine seltsame Art zu einem in besonderer Weise beachtenswerten Kunstgegenstand krümmen konnte, waren für das Erlangen sicherer Existenzbedingungen herausgehobener, höfisch-aristokratischer Art wohl wesentlicher als seine eigentlichen Klangeigenschaften als Musikinstrument, denn diese konnten von seinen Geschwistern, welche sich, offenbar in einem musikantisch viel aktiveren Prozess, bereits Klappen zugelegt hatten, damit wohl durchaus übertroffen werden. Trotzdem waren diese vergleichsweise weniger ’sozial-herausgehobenen’ Instrumente alsbald zum Untergang verdammt, während sich die Krummhörner auch später wieder in effektive Überlebensverhältnisse einnischen konnten, innerhalb derer sie dann sogar auf neuzeitliche Bestrebungen treffen konnten, welche auch diesen „edlen historischen Musikinstrumenten“ nun solche zusätzlichen Klappen angedeihen lassen wollen, über welche ihre in der Geschichte längst untergegangenen unedlen Geschwister wohl bereits vor hunderten von Jahren verfügten.
Über welche sonstigen musikinstrumentellen Eigenschaften aber diese Geschwister verfügten, und über welche weiteren Ideen und Vorhaben die mit diesen Instrumenten umgehenden Musikanten und Musikinstrumentenbauer aber damals bereits verfügt haben mochten, das werden wir wohl kaum jemals erfahren können.
Insofern knüpfen dann meine vergleichsanalytischen Experimental-Bemühungen auch nicht an historisch vielleicht irgendwie nachweisbaren oder anzunehmenden Vorläufer-Instrumenten an, sondern ich versuche einfach, vergleichsanalytisch-systematisch von den prinzipiellen akustisch-physikalischen Möglichkeiten entsprechender Musikinstrumentenkonstruktionen auszugehen. Und es erschiene mir ganz abwegig, dabei nun etwa das Krummhorn als „entwicklungsoffene“ Vorlage oder gar als Ausgangspunkt meiner Bemühungen zu akzeptieren.
Lassen Sie mich dies nun an verschiedenen Instrumental-Details meiner Instrumente näher erläutern, um damit auch endlich die hier liegenden Instrumente alsbald in die Hand und an meine Lippen nehmen zu können.
Angefangen habe ich mit dem Bau derartiger Instrumente im Zusammenhang mit der Herstellung meiner ersten Hümmelchen-Dudelsäcke zu Beginn der 8oer Jahre in der DDR(05), denn da hatte ich mich – ebenso wie damals wohl auch andere Hümmelchenhersteller in Westdeutschland – bereits entschlossen, dies mit Doppelrohrblättern zu tun. Wenn man hier eher von „authentischen historischen Hintergründen“ hätte ausgehen wollen und dieses Instrument dann also auch eher im Zusammenhang mit dem bei Prätorius ebenfalls abgebildeten, deutlicher osteuropäisch-slawisch tradierten Hümmelchen-Instrument „Dudey“ zu interpretieren hätte, so wäre wohl auch, oder gar eher, eine Verwendung von Tongeneratoren osteuropäischer Art, also mit oberständig schwingender Lamelle, angeraten gewesen.(06) Aber meine diesbezügliche Bevorzugung von Doppelrohrblättern ergab sich bei mir aus der Faszination, die ich bereits bezüglich des Klanges der Northumbrian-Small-Pipe entwickelt hatte, und die Melodiepfeife dieses Instrumentes (welches von seiner Größe her wohl ebenfalls als ein „Hümmelchen“ einzustufen und zu bezeichnen wäre) funktioniert schließlich mit diesem Tongenerator und einer entsprechend dünnen zylindrischen Bohrung. Es ergab sich also auch eine demgemäße Hümmelchen-Melodiepfeife, welche bei mir allerdings recht kurz und klein, also auch höher klingender als die üblicherweise gebrauchten Krummhörner, konzipiert war. Später experimentierte ich dann neben dieser sehr kleinen Schalmei für die Tonarten D und G auch mit analogen Instrumenten in C/F und Bb/Eb, die mir dann auch für mögliches Überblas-Experimentieren besser geeignet erschienen, die ich aber auch für reales Musizieren mit bestimmten anderen tonartgebundenen Instrumenten innerhalb meines Musikensembles benötigte. Diese drei Instrumente werde ich Ihnen nun kurz anspielen, um Sie erst einmal mit deren besonderen Klangeigenschaften, welche wohl keineswegs einfach die gleichen wie bei üblichen Krummhörnern sind, zu konfrontieren.
Meine ursprüngliche Hümmelchen-Melodiepfeife war ja auch im Sinne eines eben besonders kleinen Dudelsäckchens konzipiert und es war dabei auch durchaus schwierig, eine solche kleine Melodiepfeife einigermaßen zuverlässig einzustimmen bzw. intonationssicher zu spielen.
Um später sowohl die genaueren Intonationsmöglichkeiten, als auch allgemein die Präzision dieser Melodiepfeifen wiederkehrend zu gewährleisten bzw. auch stets entsprechend verbessern und verfeinern zu können, habe ich dann im Weiteren die nachfolgend angeführten Spezialitäten und Besonderheiten bei der Herstellung solcher Schalmeieninstrumente eingeführt bzw. einzuhalten versucht, von denen ich Ihnen nun zunächst fünf detaillierter nennen und dann noch eingehender vorstellen und kommentieren möchte:

Dazu nun folgende detailliertere Anmerkungen:
Zu dem für alle diese zylindrischen Schalmeien einheitlich verwendeten Bohrungsinnenmaß von 4mm Durchmesser habe ich mich aus mehren Gründen entschlossen. Ein wesentlicher Grund war dabei natürlich die einfache Tatsache, dass mir dazu hierzulande, also sozusagen in „Kontinentaleuropa“, günstigerweise eine Vielzahl entsprechend metrisch dimensionierter Werkzeuge und Materialien, mit denen ich schon in meinem zuvorigen Arbeitsleben als Maschinenschlosser ständigen Umgang hatte, zur Verfügung stand. Und da alle meine anfänglichen Initiativen zur Selbstherstellung solcher Musikinstrumente zunächst natürlich auch an die Adresse der in der DDR lebenden Dudelsack-Enthusiasten gerichtet waren, habe ich an diese stets in gleicher Weise gedacht. Dabei wusste ich natürlich auch, dass das entsprechend bei der von mir ansonsten bewunderten britischen Northumbrian-Small-Pipe oftmals etwas größere Innenmaß von 4,2mm Durchmesser für die Melodiepfeife dort wohl nicht deswegen anzutreffen war weil es etwa mit „überprüfter Gewissheit“ als das „akustisch günstigere“ ermittelt werden konnte, sondern wohl eher deswegen, weil es sich unter den auf dieser europäischen Insel üblichen, anderen, Maß- und Messverhältnissen für Werkzeuge dort wohl einfach als nahe liegender ergab. Zudem lag dabei auf der Hand, dass sowohl hinsichtlich kleinerer Bordunpfeifen, als auch entsprechender Melodiepfeifen von Hümmelchen-Dudelsäcken auch durchaus noch kleinere Innendurchmesser möglich waren, wohingegen die dabei ebenfalls zum Vergleich anstehenden üblichen Krummhörner doch vorwiegend über größere und letztlich auch gröbere Innenbohrungen verfügten, die mir hier auch aus anderen Gründen nicht als vorbildlich erschienen. Ich ging hingegen davon aus, dass ein kleinerer Durchmesser hinsichtlich der Möglichkeiten des detaillierteren Berechnens oder dann auch des genaueren Korrigierens von bestimmten Mensurverhältnissen durchaus günstiger sein könnte, und hatte in diesem Sinne auch schon mit diesem Durchmesser an Borduntönen experimentiert, die sich aus entsprechenden Röhren von über 80cm Länge ergaben. Eine besonders wichtige Frage war dabei für mich auch, ob sich nicht mit einem solchen kleinen Innendurchmesser ebenfalls noch entsprechend effektiv tieferklingende, also auch noch längere Schalmeieninstrumente dieser Art, herstellen lassen könnten, denn inzwischen beherrschte ich schließlich nicht nur die Herstellung solch durchgehender 4mm-Bohrungen in den Dimensionen kleiner Hümmelchenpfeifen, sondern auch bis zu einer durchgehenden Länge von ca. 30 cm. Mit dem Blick auf die bekannten Krummhörner, wäre da ein solch kleiner Innendurchmesser für solche Längen ja nicht nahe liegend gewesen. Inzwischen kann ich diese Frage auch beantworten und Ihnen dazu nochmals die hier vorliegenden Schalmeien in einer Instrumentenkörperlänge von 210 bis zu 280 mm, also von den Tonarten D bis zu Bb anblasen, welche alle mit dem gleichen Innendurchmesser und gleichen Tongeneratoren ausgestattet wurden.
Sie wissen natürlich, dass diese drei Instrumente durchaus als Krummhörner gelten würden, wenn sie nicht einfach gerade, sondern eben im unteren Bereich gekrümmt gestaltet wären…
Nun zur zweiten hier genannten Besonderheit meiner Instrumente, also der im Kopfbereich stets fest eingelassenen Führungshülse für entsprechende Tongeneratoren. Eigentlich eine zunächst ganz simple, wenn auch herstellungstechnisch nicht immer ganz einfache Angelegenheit, welche ich aber schon seit langem auch immer allen entsprechend interessierten Schalmeienherstellern empfehlen möchte. Den Tongeneratoren kann damit eine sichere und fest justierbare Position ermöglicht werden, die jedoch auch stets wieder veränderbar sein sollte. Veränderbar sowohl im Sinne eines sicheren Einstimmens solcher Instrumente (wenn etwa an praktisches Musizieren zu denken ist), als auch im Sinne des Erprobens und weitgehenden Verschiebens verschiedener, dort jeweils wieder genau einpassbarer, unterschiedlicher Tongeneratoren, wenn man etwa, und dies spielte bei mir schließlich ständig eine Rolle, auch die Möglichkeiten eines solchen Instrumentes als immer wieder vergleichsanalytisch zu befragendes „audioorganologisches Experimentalmodell“ im Sinn hat.(08)
Auf die weitere Bedeutung dieser metallenen „Führungshülse“ werde ich aber wieder zurückkommen müssen. Zuvor möchte ich jedoch zum dritten Punkt, also über die Besonderheiten der von mir dann benutzten Tongeneratoren sprechen. Anfänglich hatte ich natürlich das übliche „biotische Material arundo donax“ zur Herstellung meiner Hümmelchen-Tongeneratoren (09) verwendet und dabei auch gute Erfahrungen machen können. Insbesondere gute Erfahrungen in Hinsicht auf die Möglichkeit, damit selbst bei derart klein angelegten Dudelsackpfeifen ganz erstaunliche Lautstärken erzielen zu können. Dies ist eine Besonderheit, von der ich meine, dass sie von allen Dudelsackinteressenten weiterhin im Auge behalten werden sollte. Der Nachteil solcher biotischer Tongeneratoren besteht nun aber darin, dass sie unter Feuchtigkeitseinfluss immer schwieriger hinsichtlich ihrer Tonstabilität zu beherrschen sind. Das mag nun für ein blasebalgbetriebenes Instrument, etwa in der Art der Northumbrian-Small-Pipe, nicht so ein schwerwiegendes Problem, wie für mein hier angegangenes Projekt sein, wo schließlich sowohl an direkt mittels Windkapsel am Mund angeblasene Schalmeien, als auch an mundbeblasene Dudelsackinstrumente, und erst in weiterer Perspektive dann auch an entsprechend blasebalgbetriebene Dudelsäcke zu denken war; - auch wenn ich selbst freilich die besonderen Vorteile und spezifischen Möglichkeiten von „Blasebalg-Dudelsäcken“ stets im Sinn hatte.
Aber im Hinblick auf die in meinen Experimenten anstehenden Tongeneratoren-Probleme ging es letztlich nicht nur um die Vermeidung von Feuchtigkeitseinfluss, sondern auch um die Sicherung von immer wieder gleichartigen Materialeigenschaften bei der Herstellung dann vieler, experimentell immer wieder vergleichend zu erprobender Tongeneratoren. Und insofern war ich geneigt, dabei den wohl eher immer wieder naturwüchsig-biogen unterschiedlich geratenden Materialeigenschaften von arundo donax letztlich doch weniger zu trauen, als bestimmten, industriell eher immer wieder gleichartig anfallenden Plastematerialien. Diese habe ich nun, wie im vierten Punkt erwähnt, auf ganz besonders dünnwandige Metallhülsen aufgebracht, um damit wiederum präzisere Vergleichsverhältnisse beim Testen und Experimentieren mit solchen Tongeneratoren zu gewährleisten. Und wenn ich nun über diese spreche, so muss ich auch auf grundlegende sozialökonomische Veränderungen eingehen, die in diesem musikinstrumentellen Zusammenhang, also hinsichtlich der Möglichkeiten nun auch mit derartigen Präzisionsmaterialien intensiver experimentieren zu können, wesentlich für mich wurden. Freilich habe ich auch bereits in der DDR zuweilen über entsprechend präzise „Experimentiermaterialien“ verfügen können, da ich - vornehmlich über bestimmte Bekanntschaften und Beziehungen zu anderen Musikanten, welche wiederum über Bekanntschaften und Beziehungen zu anderen Bereichen verfügten - manchmal auch die Möglichkeit hatte, bestimmte hochwertige Präzisionsmaterialien medizintechnischer Herkunft zu erhalten. Meine ersten Versuche mit derartig dünnwandigen und präzise verschiebbaren Tongeneratorröhren konnte ich so auch mit einigen Zentimetern entsprechender „DDR-Feinröhrenmaterialien“ aus hochwertigstem Edelstahl unternehmen. Aber es handelte sich eben immer nur um eher zufällig, und dann auch nur in kleinsten - sozusagen in lediglich “labortechnisch verfügbaren“ – Restmengen, anfallende Materialien.
Die Möglichkeit, auch sinnvollere Mengen solcher spezieller Feinröhren mit entsprechend präzisen Abmessungen und den erforderlichen Festigkeitseigenschaften gemäß meiner Anforderungen, dann auch bei bestimmten Spezialfirmen anfertigen lassen zu können, ergab sich für mich (wenn natürlich dann auch nur mit sehr hohem Kostenaufwand) letztlich erst nach 1990. Und insofern habe ich mit den hier hinsichtlich solcher Präzisionsmaterialien beschriebenen Besonderheiten meiner zylindrischen Schalmeien (also bezüglich des Röhrenmaterials der entsprechenden Tongeneratoren sowie der zuweilen in den „Schalmeien-Holzkörper“ durchgehend eingezogenen dünnwandigen 4mm-Präzisionsröhren) gewissermaßen auch den Bereich wesentlich „heimwerkelnd-bastlerisch“ ausgerichteter Musikinstrumenten-Selbstbau-Aktivitäten, an den ich mich ansonsten in allen Aspekten dessen, was ich selbst noch kann und also auch anderen Interessenten noch empfehlen könnte, doch zumeist gebunden und verpflichtet gefühlt hatte, verlassen. Derartige Präzisionsmaterialien werden unverzichtbar, sobald man bestimmten Fragen akribischer nachgehen möchte, sind aber doch wohl für den eher amateurisch-folkloristisch orientierten Musikinstrumenten-Selbstbau kaum noch nahe liegend. Und sie sind auch in der Präzision, die mir hier für mein Experimentieren unverzichtbar erschien, im vergleichbaren professionellen Musikinstrumentenbau bislang keineswegs üblich. Sie sind aber hierzulande trotzdem - wie ich nun weiß – auch für nichtprofessionelle Interessenten keineswegs unerreichbar.
Ich möchte nun einige weitere Besonderheiten dieser Instrumente aufzählen, und dann auch eingehender erläutern:
Grundlegend für das Verständnis all dieser Punkte sind die Besonderheiten der von mir hier empfohlenen „gedeckten Griffweise“, bei der im Prinzip jeweils für jeden Ton der Skala nur das jeweils zuständige Tonloch geöffnet wird und dabei alle anderen Finger zunächst auf ihrer Position zu verbleiben haben. Lediglich, wenn es um die zusätzliche Erzeugung besonderer Vibratoeffekte oder vielleicht auch griffkombinationsabhängiger Tonhöhenregulierungen geht, sollen dann auch bestimmte andere, darunter liegende Tonlöcher geöffnet bzw. dortige Finger bewegt werden.
Wenn ich Ihnen nun also auch die auf diese Weise zu erzeugenden Tonleitern sowie die entsprechenden Tongestaltungsmöglichkeiten vorführe, kann ich auch deutlich machen, dass sich dabei, sobald man durch Aufsetzen der Spielpfeife am Oberschenkel auch die untere Öffnung des Instrumentes verschließt, auch ein exaktes Abstoppen des Tones und insofern dann auch ein exaktes Stakkato bei jedem Ton der Skala erzeugen lässt. Zudem lassen sich mit Hilfe dieser „Aufsetzbewegungen“ auch wieder andere Vibratoeffekte erzielen.
Dass die beiden Bohrungen des Doppelloches für den Zeigefinger der oberen Spielhand bei dem größten dieser Instrumente (also dem Modell in Bb-Stimmung) nun deutlich untereinander und nicht, wie ansonsten bei Doppellochbohrungen eher gewohnt, mehr schräg nebeneinander angeordnet wurden, ergab sich für mich ebenfalls im Zusammenhang mit den Besonderheiten der soeben geschilderten Spieltechniken sowie meiner Absicht, an solchen etwas größeren Instrumenten dann auch mit zusätzlich anzubringenden Klappen zu experimentieren, was sich inzwischen innerhalb meiner Spielerfahrungen und Spielgewohnheiten für dieses Instrument auch bewährt hat.
Allerdings sind auch diese Doppellochbohrungen - insbesondere die dabei erforderlichen präzisen Schrägbohrungen, welche sich vor allem bei der kleinsten Melodiepfeifenvariante als problematisch erweisen - nicht so ohne weiteres von jedermann zu realisieren.
Nun kann ich Ihnen noch die für mich immer wieder ganz erstaunliche Wirkung der kleinen „Schallbecherhülse“ vorführen, indem ich ein solches Instrument anblase und diese dabei zum Vergleich abnehme.
Um die Tonskala einer solchen Schalmei nun in der Höhe zu erweitern, habe ich zunächst zwei zusätzliche, dann mit Klappen abzudichtende Tonlochbohrungen im oberen Bereich des Instrumentes eingebracht. Damit haben wir es mit genau den beiden zusätzlichen Tonschritten zu tun, die wir auch bei neuzeitlich weiterentwickelten Krummhörnern vorfinden können. Und auch beim Vorgänger der Klarinette finden wir bereits zwei derartige Klappen im oberen Tonbereich. Denn auch das Chalumeau verfügte, ebenso wie das Instrument, welches ich nun hier in die Hand nehme, mit diesen zwei Klappen über elf Töne im unteren Register. Und bekanntermaßen war der dann darauf folgende entscheidende Schritt auf dem Wege zur Klarinette eine weitere obere Klappe für ein Überblasloch in den höheren Register - also das Überblasen in die Duodezime.
Man kann sich dabei nun Folgendes vor Augen führen:
Nachdem an unserem Instrument zunächst zwei Klappen für zwei weitere Töne erfolgreich angefügt wurden, kann natürlich auch das weiterführende Bedürfnis nahe liegen, nun vielleicht auch noch einen weiteren Ton mit einer weiteren Klappe hinzuzufügen. Und auf der Suche nach der genaueren Tonloch-Position für diesen nachfolgenden „dritten Klappenton“ kann dann jeder Suchende beim eingehenderen Experimentieren die Erfahrung machen, dass ihm dieser Ton auch in einem „höheren Register“ begegnen kann.
Die Begegnung mit den Tonmöglichkeiten dieses „höheren Registers“ kann einem aber auch bereits bei dem „Zweiklappen-Instrument“ widerfahren.
Wenn ich bei gedeckter Spielweise die oberste Klappe, also hier die Tonlochbohrung für das hohe Eb meines in Bb-Stimmung konzipierten Instrumentes, nur ganz kurz öffne, so kann ich auf diese Weise, und mit etwas Glück, auch bereits das darüberliegende F und durchaus auch das nachfolgende G des oberen Registers erklingen lassen, und ein geschickter Musikant könnte diese beiden höheren Töne auch auf diese Weise immer wieder in sein Spiel einbinden.
Nun möchte ich versuchen, Ihnen diese Weiterführung der Tonleiter auf einem solchen Instrument, welches nur über zwei Klappen für die beiden oberen Töne D und Eb verfügt, vorzuführen um auch akustisch deutlich zu machen, dass es mit Hilfe dieses Tricks dann nicht nur über elf, sondern bereits über dreizehn praktikable Töne verfügen kann.
Wer sich aber auf die Suche nach einem nicht nur „mit etwas Glück“ und bestimmter „trickreicher Klappenbedienung“ zu erreichendem, sondern auch mit grifftechnischer Gewissheit sicher „einzuschaltendem“ hohen “ F“ machen möchte, und dabei natürlich daran gehen muss, einem solchen Zweiklappeninstrument eine weitere obere Bohrung mit Klappe anzufügen, steht vor folgender Alternative:
Er kann sich entweder mit einem hohen „F“ im unteren Register begnügen, indem dieses dort mit einer normal nachfolgenden Tonloch-Bohrung erzielt wird, oder aber versuchen, diesen Ton doch mittels einer entsprechend kleineren und höher gelegenen „Überblas-Bohrung“ im höheren Register zu erreichen, um so dann dort auch viele weitere überblasene Töne erschließen zu können. Falls er dabei nun auch über die Ihnen soeben vorgeführte „Überblaserfahrung“ bereits verfügen kann, wird er sich wohl umso leichter für den Weg des „Überblasens“ entscheiden können, um damit also das anschließende „F“ nicht mit einer weiterführenden Tonlochbohrung als höchsten Ton im unteren Register, sondern mittels einer umschaltenden Duodezim-Überblasklappe als den tiefsten Ton des höheren Registers einschalten zu können.
Dort aber kann dann die im unteren Register begonnene Tonleiter in Bb, welche - wie gesagt - über anderthalb Oktaven bis zum Eb reicht, über mehr als insgesamt zwei Oktaven weitergeführt werden.
Bevor ich nun aber versuche, dies auch akustisch deutlich zu machen, möchte ich Sie auf die hier vorliegende Problematik noch etwas genauer einstimmen, indem ich auf etwas hinweise, was zuweilen überhaupt nicht verstanden wird.
Wenn ich nämlich, so wie hier, vor Musikern über Musikinstrumente sprechen möchte, so besteht meiner Erfahrung nach das Problem immer wieder darin, dass man ungeheuer leicht völlig aneinander vorbeireden und so auch an den realen Problemlagen vorbeidenken kann, wenn nicht berücksichtigt wird, dass es beim Nachdenken über Musikinstrumententechnik und beim Nachdenken über Musik eben doch immer um jeweils etwas völlig anderes geht.
Musiker wollen von Klängen beeindruckt sein und mögen sich mittels „überzeugender Klangerlebnisse“ zuweilen vielleicht auch überreden lassen, dann auch noch über damit zusammenhängende physikalische Prinzipien musikinstrumenteller Technik informiert zu werden, aber es ist in der Regel ziemlich schwierig, bei Musikern vielleicht das genau Umgekehrte versuchen zu wollen, - also etwa anhand wenig beeindruckender Klänge, umständliche technisch-physikalische Prinzipien darzulegen oder über mögliche Entwicklungswege musikinstrumenteller Technik zu sprechen. Aber ich sitze nun vor Ihnen mit dem erklärten Willen, eben gerade so etwas möglichst doch zu erreichen.
Ja, ich sage dabei sogar Folgendes: Genau genommen, möchte ich hier mit Ihnen noch gar nicht über Musik oder die besondere Anmutungskraft bestimmter Klangereignisse usw., sondern zunächst eben erst einmal nur über bestimmte Entwicklungsmöglichkeiten musikinstrumenteller Technik sprechen. Und dabei möchte ich eben auch die erstaunlichen Besonderheiten bestimmter technisch-physikalisch bedingter Möglichkeiten und demgemäß beschreitbarer Entwicklungswege sowie die oftmals noch erstaunlicheren sozialökonomisch-geschichtlich bedingten Umwege zu diesen Wegen, oder eben auch den von daher immer wieder als Gefahr anstehenden Möglichkeiten ihrer generellen Verunmöglichung oder auch Verhinderung, als das hervorheben, was mir für ein generell besseres Verständnis dessen, was wir Menschen doch im Zusammenhang mit unserem Interesse – oder auch, wie ich finde, vielleicht besser gesagt – im Zusammenhang mit unserem Naturgebundensein an Musik, alles fertig zu bringen vermögen: Ebenso wie auch auf vielen anderen Gebieten: Sowohl viel Sinnvolles als auch viel Unsinniges, wie auch Erfolgreiches und ebenfalls viel Erfolgloses; - wobei jedoch keineswegs etwa nur das als sinnvoll zu Charakterisierende dabei auch immer das Erfolgreiche ist.
Und nun - nachdem ich dies alles gesagt habe, um Sie in einem eben nicht nur auf Klangerlebnisse orientierten Sinn auf das einzustimmen, was ich Ihnen als ein Zwischenergebnis meines Experimentierens jetzt auch akustisch vorführen möchte – kann ich auch noch ungenierter betonen, dass es mir zunächst eben nicht darauf an kommt, ob Sie die nun folgenden Töne etwa als beeindruckend oder doch eher als kläglich empfinden werden, sondern, dass Sie, weitgehend unabhängig von solch möglichen Klangeindrücken, hoffentlich gewillt sein werden, auch noch weiteren Überlegungen zu diesem Übergang in Richtung auf eine mögliche „Doppelrohrblatt-Klarinette“ zu folgen. Denn nachdem ich Ihnen – was ich jetzt vorhabe – einige Töne des höheren Registers dieser „Doppelrohrblatt-Klarinette“ vorgespielt haben werde, und Sie auch die dabei zunächst unvermeidlichen Intonationsschwierigkeiten dieser hohen Töne erleben können, muss ich auch deutlich machen, in welche weiterreichende Konfliktsituation ich damit nun bei meinen entsprechenden Bemühungen geraten musste: Jede neue Tonlochbohrung, die auf dem Weg in den höheren Register dieses Instrumentes eingebracht wurde, konnte jeweils wieder bestimmte Korrekturen der bisherigen Tonlochanordnungen für den unteren Register erforderlich machen. Und sobald man dann im oberen Register weitere praktikable Tonschritte bewältigen möchte, machen sich wiederum weitere Tonlochbohrungen erforderlich, welche dann wieder die Notwendigkeit weiterer Korrekturen am bislang Bewährten nach sich ziehen.
Für den Philosophen ergibt sich hier ein wunderbares Beispiel dafür, dass zuweilen in bestimmten Entwicklungsprozessen das bislang akribisch perfekt Gestaltete und auch sicher Bewährte doch unweigerlich wieder aufgegeben werden muss, wenn bestimmte weitere, höchst vielversprechend aussichtsvolle Entwicklungsschritte gegangen werden sollen, welche dann aber keineswegs einfach zu Erfolgen und zu neuen Qualitäten, sondern zunächst nur zu unvermeidlichen neuen Schwierigkeiten und oft wohl auch zu schwerwiegenden Enttäuschungen führen müssen. Konstellationen, von denen her sich dann auch allzu leichtfertig bestimmte Parteiungen und wohl auch ideologische Kämpfe ergeben werden, innerhalb derer dann sowohl die Gewissheiten des bislang Bewährten, als auch der Mut und die Anstrengungen derer, die sich auf den Weg neuer und weiterführender Entwicklungen begeben, bestimmten Diffamierungen ausgesetzt werden können, welche letztlich aber in beiderlei Hinsicht ganz unberechtigt bleiben. Ich möchte dabei betonen, dass es in solchen Problemlagen nicht nur darum geht, dass einem natürlich auf dem Wege des Fortschritts zwangsläufiger Weise immer wieder Schwierigkeiten begegnen werden – was wir ja alle wissen und wohl auch ziemlich leicht akzeptieren können – sondern, dass uns hier auch deutlich werden kann, inwieweit zuweilen auch bestimmte, auf bestimmten Gebieten mühsam erreichte Entwicklungserfolge wieder in Frage zu stellen sind, wenn es dann auch um weitere Fortschritte auf diesem Gebiet gehen soll. Eine Konfliktsituation auf dem Wege von Fortschritt, die natürlich generell viel schwerer zu akzeptieren ist - zumal, wenn dabei offensichtlich ist, dass die dabei dann wieder in Frage zu stellenden bisherigen Erfolge keineswegs einfach als Fehlentwicklungen oder unglückliche Entwicklungsumwege abgetan werden können, sondern als notwendige Voraussetzungen für nunmehr möglichen weiteren Fortschritt begriffen werden sollten.
Wie gesagt: Ein zwar hübsches Beispiel für den Philosophen, der darüber abstrakt nachdenken kann, aber eine zuweilen schwer erträgliche Situation für alle die Betroffenen, welche in solch ambivalenten und viel neue Mühsal mit sich bringenden Konstellationen konkret involviert sind und dann auch dazu neigen werden, sich jeweils zu engagieren. Aber für jene, die sich dabei auf den Weg der Weiterentwicklung begeben möchten, wird es vielleicht erträglicher, wenn sie sich dann nicht nur mit der Gewissheit der Möglichkeit von human sinnvollen Weiterentwicklungen und Verbesserungen, sondern auch mit entsprechender philosophischer Gelassenheit gegenüber allen dabei zu erwartenden Schwierigkeiten, die uns insofern eben auch in ganz unterschiedlichen Qualitäten begegnen werden, wappnen können. Wobei uns wohl einer der übelsten Qualitäten von Weiterentwicklungskonflikten da begegnen kann, wo sich die Entwicklung von eigentlich Wertlosem, doch wieder als geldgewinnbringend erfolgreich erweist.
In unserem konkreten Falle des Versuchs der Weiterentwicklung eines ganz bestimmten Musikinstrumentes gibt es nun aber auch noch eine ganz andere sorgenvoll zu bedenkende Konfliktkonstellationen, bei welcher nicht nur die Gefahr von zermürbenden und unvermeidlichen Schwierigkeiten sowie aufreibenden Kämpfen zu bedenken ist, sondern wo es – in einem viel schwerer wiegenden Problem-Sinne – auch um die reale Gefährdung von existierenden Werten durch bestimmte von uns in gewollter, wünschenswerter oder auch eher unvermeidlicher Weise betriebenen Entwicklungen geht.
Dabei denke ich nunmehr wieder an die Problematik der bereits geschilderten, so genannten “gedeckten Griffweise“, welche ich für einen besonderen musikalischen Wert dieser speziellen Dudelsackpfeifen halte. Und dieser Wert kann nun in besonderer Weise in Gefahr geraten, wenn es um die weitere Perfektionierung eines sicheren Spiels innerhalb ihres oberen Registers gehen soll. Dazu möchte ich Ihnen diese Spieltechnik nochmals vorführen, um die Besonderheiten der Erzeugung entsprechender Vibrato- und Stakkato- Eigenarten sowie spezifischer Tonfolgebildungen hier auch akustisch zu demonstrieren.
Bislang bin ich bei meinen Ausführungen zu dieser Art von Melodiepfeife stets von diesen Besonderheiten ihrer Spieltechnik als einem obligatorischen Charakteristikum ausgegangen, und ich hatte dabei zwei für mich sehr wichtige Gründe.
  1. Erstens, weil ich von den musikantisch-spieltechnischen Möglichkeiten dieser Spielweise, sowohl mit Blick auf bestimmte westeuropäische (also beispielsweise hinsichtlich der Northumbrian Small-Pipe), als auch auf viele osteuropäische Dudelsäcke (einschließlich der entsprechenden Besonderheiten des deutschen Bockes), stets fasziniert war und auch seit langem schon durchaus daran interessiert war, mit meiner hier vorgestellten Doppelrohrblatt-Schalmei sowohl eine speziell im Sinne dieser besonderen Spielweise perfektionierte neuartige Dudelsackpfeife, als auch ein entsprechend dafür zu nutzendes mundgeblasenes Schalmeieninstrument hierzulande ins folkloristisch-musikantische Geschehen einzubringen. Und dabei ging ich auch davon aus, dass dies hinsichtlich der möglichen Lebenserhaltung deutscher Dudelsacktraditionen eine spezifische Bereicherung sein könnte. Was dabei die spezifische Nutzungsmöglichkeit einer so konzipierten Dudelsackspielpfeife auch als windkapselbeblasene Schalmei betrifft, so hatte ich wiederum ein manchmal in Osteuropa anzutreffendes Musikantenverhalten vor Augen, welches sowohl von slowakischen, als auch ungarischen Dudelsackspielern zuweilen berichtet wird, mir aber auch in Rumänien begegnet ist. Und auch, wenn es dafür vielleicht in Deutschland keinen so ausgeprägt- nachweisbaren traditionell-geschichtlichen Hintergrund geben mag, so scheint mir die Möglichkeit, das auch solche, dann vielleicht vornehmlich in dieser gedeckten Spielweise an der Windkapsel angeblasene „Hümmelchen-Melodiepfeifen“ eben auch hierzulande, neben ihren bereits bekannten gekrümmten Brüdern, eine musikantische Chance haben könnten, keineswegs ausgeschlossen. Freilich würden sie eine solche Chance zunächst wohl kaum unmittelbar neben diesen, sondern vielmehr in ganz anders gearteten, eher innovativ-neofolkoristisch agierenden Musiziergruppen wahrnehmen können. Etwa in solchen, wie sie mir noch gut aus den achtziger Jahren in der DDR als ein besonderer Teil der damals vorwiegend rebellisch agierenden jüngeren Neo-Folkloristen in Erinnerung sind. Aber es schiene mir im Prinzip auch keineswegs undenkbar, dass irgendwann auch einmal sowohl entsprechend ungekrümmte, als auch gekrümmte mundgeblasene zylindrische Doppelrohrblattschalmeien unmittelbar nebeneinander, und dann vielleicht auch einmal in einer sich gegenseitig ergänzenden Weise, mit ihren entsprechend unterschiedlich ausgelegten Spielweisen und Grifftechniken gemeinsam zur Wirkung kommen könnten. Ohne irgendwie sicher sein zu können, ob dies hierzulande tatsächlich jemals wahrscheinlich sein könnte, wäre ich mir aber völlig sicher, dass eine solche Entwicklung eben auch zur weiteren Aufrechterhaltung, aber auch stetigen Neubelebung bestimmter Dudelsacktraditionen, über die die Deutschen doch vormals in einer besonders vielgestaltig-reichhaltigen Weise verfügten(11) eine günstige Grundlage sein könnte. Denn, falls es künftig hierzulande viele wackere Musikanten geben könnte, die sich dem zunächst recht unaufwändig zu bewältigenden Spiel mit derartig windkapselbeblasenen Hümmelchen-Pfeifen widmen würden, um so sicherer gäbe es dann auch immer wieder entsprechende Dudelsackspieler, die sich gegebenenfalls wiederum weitaus ernsthafter mit den dudelsackspezifischen Besonderheiten dieser Instrumente beschäftigen würden, als es, wie mir scheint, gegenwärtig doch oft eher klamaukartig im Zusammenhang mit bestimmten „Mittelalter-Events“ allenthalben geschieht. Soweit zum ersten Aspekt meiner Motivation.
  2. Zweitens ging es mir – zunächst eben auch ganz unabhängig von der zu erwartenden Klangqualität entsprechend neuartig zu erzeugender Tonfolgen einer „Doppelrohrblatt-Klarinette“ – um die Verdeutlichung der Tatsache, dass man mit dieser gedeckten Griffweise, bei dieser besonderen Art von Schalmeieninstrument, bereits mit nur zwei Klappen (ob nun zufällig oder auch gezielt) die ersten weiterführenden Töne des oberen Registers erreichen kann, und letztlich geradezu unvermeidlich dorthin gelangen wird, sobald man weitere tonumfangerweiternde obere Tonlochbohrungen anfügen möchte.
Ich meine dabei nun, dass diese technisch-physikalische Sachlage bedenkenswert ist, wenn wir dann auch die bisherigen geschichtlichen Möglichkeiten in der Entwicklung dieser Art von Schalmeien bedenken wollen, wobei ich zunächst nur an die Möglichkeit weitsinniger aufzuwerfender Fragen und keineswegs vorschnell an bestimmte, sich damit nun vielleicht auch als nahe liegend anbietende Antwortmöglichkeiten denken möchte.
Und im Sinne von eben stets möglichst weitsinnig aufzuwerfenden Fragestellungen steht nun das Problem an, ob diese gedeckte Spielweise auch dann noch angebracht sein kann, wenn es letztlich doch um die weitere technisch-physikalisch-musikinstrumentelle Kultivierung einer entsprechend in die Duodezime zu überblasenden Doppelrohrblatt-Klarinette gehen soll. Denn damit steht auch wieder genau die Frage an, die ich zunächst als ein besonderes entwicklungstheoretisches Problem musikinstrumenteller Technik-Analyse aufgeworfen hatte. Wenn man dieser Frage nun prinzipiell weiter nachgeht, so könnten auch weitere alternative Entwicklungsmöglichkeiten mit ihren jeweiligen Besonderheiten genauer bedacht und abgewogen werden.
Es wäre zunächst genau zu entscheiden, ob es nun vielleicht doch eher um ein klarinettenartig bzw. „oboenartig“ mit Lippenansatz zu spielendes Instrument gehen soll, oder weiterhin an eine Windkapselschalmei bzw. Dudelsackspielpfeife gedacht werden sollte.
Ich denke dazu Folgendes:
Für ein mit Lippenansatz zu spielendes Instrument müsste sicherlich eine dafür genaue Anpassung des Doppelrohrblattes vorgenommen werden, wobei es eben auch entsprechende außereuropäische Instrumente gibt, bei denen sich deren ganz anders dimensionierte Doppelrohrblätter zweifellos als nahe liegend geeignete Vorbilder anbieten würden. Ich habe aus meiner Sicht überhaupt keinen Zweifel daran, dass ein in dieser Weise konzipiertes neuartiges Blasinstrument durchaus möglich sein kann. Aber meine persönliche Vorliebe und meine hier vorgestellte Schalmeienproblematik zielt im Kern doch immer noch in Richtung auf eine entsprechend „windkapselbetriebene“ und dann eben auch „dudelsackgeeignete“, überblasfähige, zylindrische Doppelrohrblattschalmei. Und da geht es nun um eine ganz anders geartete musikinstrumentelle Möglichkeit, die auch ganz andere musikinstrumentelle Entwicklungswege erfordert. Eine Entwicklungsmöglichkeit, für die es innerhalb der bisherigen Geschichte musikinstrumenteller Technik keineswegs bereits nahe liegende Vorbilder gibt oder sich etwa bereits einladend analog vorbereitete Entwicklungswege absehen lassen. Also eben auch ein Entwicklungsschritt ganz anderer Art als etwa der vom Chalumeau zur Klarinette oder der von Klarinette und Oboe zum Saxophon oder dann auch vom Saxophon zum Sarussophon etc.
Denn gerade auch in Hinsicht auf die durchaus näher liegende Möglichkeit der Konstruktion einer mit Lippenansatz geblasenen Doppelrohrblattklarinette, erweist sich die Suche nach einer solchen „windkapselfähigen“ Schalmei als eine vergleichsweise völlig anders geartete Entwicklungsherausforderung.
Wenn wir die mit Lippenansatz anzublasende Variante noch einmal bedenken wollen, so liegt auf der Hand, dass dafür eigentlich schon lange alles Nötige vorhanden ist, und dass sich auch sofort eindrucksvolle Ergebnisse erzielen lassen, sobald etwa das Rohr einer Eb- oder auch Ab-Klarinette in fachlich korrekter Weise mit einem entsprechend dimensionierten, lippenangeblasenen Doppelrohrblatt kombiniert wird.(12) Entsprechende Klarinettenkörper gibt es inzwischen in aller Welt und entsprechend dimensionierte Doppelrohrblätter dieser Spielmanier gibt es in Asien. Und die musikinstrumententechnischen Voraussetzungen, um dann einer solchen neuartigen Instrumentalkombination auch eine entsprechende Klappenmechanik genauer anzupassen, bzw. die bereits seitens der Klarinette vorliegende gegebenenfalls entsprechend zu korrigieren, bestehen inzwischen ebenfalls in aller Welt. Und dabei wären dann ja auch die besonderen Probleme und Schwierigkeiten der gedeckten Griffweise für ein solches Instrument überhaupt nicht zu berücksichtigen.
Aber eine entsprechend windkapselbeblasene, also auch dudelsackgeeignete Spielpfeife mit klarinettenanalogen Überblaseigenschaften ist eben nicht nur etwas völlig Neues im Sinne eines besonderen Musikinstrumentes, sondern auch (und zwar in mehrfacher Hinsicht) etwas völlig Neuartiges innerhalb des Systems natürlich-akustischer musikinstrumenteller Technik. Und als ein dementsprechendes Blasinstrument welches auch über die Möglichkeiten der gedeckten Spielweise verfügen könnte, wäre diese in einem weiteren Sinne etwas „ganz besonderes“. Vermutlich aber eben auch eine besonders schwierig herzustellende „Besonderheit“.
Ob beispielsweise eine entsprechend mit Lippenansatz geblasene Doppelrohrblattklarinette dann auch über viele neue Vorzüge, also etwa ganz andere Klangeigenschaften, neue bedeutungsvolle spieltechnische Besonderheiten oder sonstige neuartige musikalische Dimensionen, verfügen könnte, müsste sich wohl erst erweisen. Aber eine entsprechende Dudelsackpfeife ist zweifellos sofort etwas ganz Besonderes – ein Musikinstrument mit unverkennbar neuartigen Klang- und Spieleigenschaften, welches dem Spieler ganz besondere neuartige Spieltechniken ermöglicht, aber auch abverlangt, und einem Dudelsackinstrument damit auch ganz neuartige musikalisch-musikantische Dimensionen eröffnet.
Dass es nun aber ein solches, entsprechend windkapselbeblasenes Instrument im Prinzip bereits gibt, habe ich Ihnen hier schließlich zeigen wollen und dies auch schon seit vielen Jahren verschiedentlich betont, ohne dabei zu verhehlen, dass dieses sicherlich noch weiterer Verbesserungen bedarf.(13) Und so sehr ich die gedeckte Griffweise für eine entsprechende Dudelsack-Schalmei auch weiterhin favorisieren möchte, so muss ich nun doch auch befürchten, dass diese dort eben möglicherweise gefährdet sein könnte, sobald man daran geht, auch die „übergeblasenen“ Töne des oberen Registers an einer solchen Dudelsackpfeife sicherer und entsprechend „exakt stimmig“ gestalten zu wollen. Dort - also im oberen Register - liegt diese Spielweise ja ohnehin nicht mehr nahe. Sie könnte aber vielleicht für den unteren Register eines solchen Instrumentes noch erhalten werden. Ein vollständiger Verzicht auf die gedeckte Griffweise wäre jedenfalls aus meiner Sicht ein schwerwiegender Verlust eines spezifischen instrumental-musikalischen Wertes innerhalb einer mir möglich erscheinenden Entwicklung. Auch wenn dieser vielleicht durch den Gewinn eines bislang für Dudelsäcke ganz außergewöhnlich großen Tonumfanges, als „wettgemacht oder ausgeglichen“ interpretiert und verteidigt werden könnte. Um hier aber bessere Lösungen von Entwicklungskonflikten und vielleicht auch entsprechend günstige Kompromissmöglichkeiten zu ermitteln, müsste meiner Meinung nach noch auf mindestens drei Gebieten sehr viel mühevolle Arbeit geleistet werden.
Und so gesehen, habe ich auch Hoffnungen im Sinne der weiteren musikinstrumententechnischen Entwicklungsmöglichkeiten einer solchen Dudelsackmelodiepfeife und denke dabei, dass auf dem Wege der weitgehenden Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Verbesserung der Intonation innerhalb des oberen Registers doch vielleicht die dudelsackspezifischen Vorzüge der gedeckten Griffweise im unteren Register weitgehend erhalten bleiben könnten.
Was nun den Kern der hier zuletzt genannten Problemkonstellationen, nämlich eine dementsprechend neu zu konzipierende Klappenmechanik, betrifft, so kann Ihnen vielleicht schon aufgefallen sein, dass ich mich zu den Besonderheiten meiner Konzeption von Klappenanbringung an solche einfachen hölzernen Blasinstrumentenkörper bislang noch nicht geäußert habe. Aber die sichere Anbringung von Klappenmechanik aus Metall an einen Musikinstrumentenkörper aus Holz war doch wohl der entscheidende Schritt, um hier überhaupt in einer spieltechnisch sinnvollen Weise bis in den oberen Register gelangen zu können. Ich musste dafür also auch eine für meine letztlich doch stets „amateurischen Herstellungs-Bedingungen“ angemessene Lösung finden.
Bei meinen Bemühungen in dieser Richtung bin ich nun - im völligen Unterschied zu dem was die Geschichte des bisherigen Musikinstrumentenbaues in dieser Hinsicht eigentlich alles nahe legt - einen prinzipiell anderen Weg gegangen und auch zu einer entsprechend andersartigen Lösung gelangt.
Ich habe nun besondere Gründe, auf diese Problemlage wieder etwas ausführlicher einzugehen.
Wenn Sie sich die verschiedensten hölzernen Blasinstrumente der in Ihrem Hause hier exponierten Instrumentensammlung anschauen, können Sie leicht erkennen, dass es da bislang eigentlich zwei grundsätzliche Lösungswege gab. Entweder, und dass ist der historisch ältere Weg, wurden an den gedrechselten Holzkörpern dieser Instrumente bestimmte Rundum-Verdickungen oder auch entsprechende seitliche Wülste stehen gelassen, um in diesen dann sowohl entsprechende Führungsschlitze, als auch seitlich einzubohrende Achsführungen für die dort gefedert-geführt einzulagernden Metall-Klappen einzubringen, oder - und das ist der historisch jüngere und auch heute noch allgemein übliche Weg - es wurden dann mittels einer Vielzahl von Einbohrungen oder auch Einfräsungen in das Holz des Instrumentenkörpers viele, zumeist nur kleinere Metallsockel, aber manchmal auch größere und längere, einzuschraubende Metallteile, angebracht, mit welchen dann die entsprechenden Achsen und Verbindungsteile der nun auch weitaus aufwändiger und imposanter auszustattenden Griffmechaniken, bis hin auch zu vielfach zusammenhängenden Klappen- und Achsen- Kombinationssystemen, aufgenommen werden können. Die hochkomplizierten und komplexen Klappensysteme heutiger Flöten, Oboen und Klarinetten usw. beruhen im Grunde alle auf dieser Methode des Einbringens von Metallelementen in den hölzernen Instrumentenkörper und sind dabei selbst das Ergebnis eines sehr langwierigen, hochkomplizierten und komplexen musikinstrumentellen Entwicklungsprozesses, welcher letztlich zu dieser bislang geradezu unübertroffenen Technologie von Klappenanbringung geführt hat, welche sich insbesondere auch dadurch bewährt hat, dass alle diese, zunächst für Holz-Instrumentenkörper entwickelten Metallelemente dann auch in analoger Weise verwendet werden konnten, wenn sie nicht mehr in Holzkörper eingeschraubt, sondern später dann auch auf Metallkörpern von gleichartigen oder auch andersartigen Blasinstrumenten angelötet werden konnten.
Was nun aber Holzinstrumentenkörper betrifft, so hatten beide hier geschilderte Verfahren stets ihre erheblichen Nachteile.
Im ersten Falle mussten die Holzkörper dieser Instrumente, deren klappenlose Vorfahren noch leicht und schlank konzipiert werden konnten, wieder klobiger und schwerer werden, und auch die entsprechenden Drechselarbeiten erforderten dann viel mehr Aufwand sowie oftmals erhebliche kunsthandwerklerische Fähigkeiten. Dies kann gerade auch angesichts bestimmter Instrumente dieser Sammlung hier (beispielsweise bei bestimmten älteren Buchsbaum-Klarinetten etc.) deutlich vermerkt und eingehender bedacht werden.
Im zweiten Falle wurden die ohnehin stets durch wechselnde Feuchtigkeit spannungsgefährdeten Holzkörper solcher Blasinstrumente dann noch durch die entsprechende Einbringung von Löchern und Bahnen sowie dortiger, festsitzend-spannungsbringender Metallelemente, entsprechend zusätzlichen Gefährdungen ausgesetzt, so dass sich – was ebenfalls an einer Vielzahl solcher hölzerner Blasinstrumente aus dieser Sammlung bemerkt werden kann – vor allem an und zwischen solchen Einbohrungen und Einfräsungen eben doch immer wieder allzu leicht Rissbildungen im Holz ergeben konnten.
Derartige Nachteile und Gefährdungen lassen sich nun, mit meinem ganz anders angelegten Klappenanbringungsverfahren, prinzipiell vermeiden.
Ich wollte weiterhin von einem grundsätzlich weitgehend schlank zu gestaltenden Holzkörper meiner Schalmeieninstrumente ausgehen, und dabei dann auch die Metallteile der jeweiligen Klappenapparatur nicht (wie schließlich vormals bei beiden bislang üblichen Methoden unvermeidbar) in einer den Instrumentenkörper letztlich doch gefährdenden Weise „ins Holz einbringen“, sondern lediglich an dieses „anbringen“. Und diese „Anbringungen“ sollten dann auch keinesfalls mit auseinandertreibenden Spannungseffekten verbunden sein (wie dies schließlich bei beiden bisherigen Konstruktionsmethoden von Klappenmechanik bei entsprechenden hölzernen Blasinstrumenten immer der Fall war), sondern es sollten dabei - eher geradezu umgekehrt - ganz bestimmte, den Holzwerkstoff nun auch „zusammenhaltende Spannungseffekte“, eine Rolle spielen.
Das Ergebnis all dieser vergleichsanalytisch und kritisch-historisch angelegten Erwägungen können Sie nun an den Klappenbeispielen, welche ich Ihnen hier zeigen möchte, genauer betrachten.
Und natürlich können Sie dabei auch sofort den nun ins Auge fallenden offensichtlichen Gegensatz zwischen der doch geradezu behelfsmäßig anmutenden Schlichtheit dieser einfachen Klappenkonstruktion und den dazu zuvor doch so aufwändig-wortreich von mir vorgetragenen vergleichsanalytisch-historisch untermauerten Begründungsdarlegungen bemerken. Denn - so sieht die Sache doch wohl letztlich aus - bei dieser Konstruktion handelt es sich eigentlich doch nur um eine ganz schlichte und offensichtlich ausgesprochen einfach zusammengebastelte Schelle aus zusammengelötetem Draht, welche zudem noch mit einer überaus banalen Fadenwicklung zusammengehalten werden muss, um die in dieser Weise dort angebrachte Klappenfederung und Klappenführung dann auch einigermaßen sicher aufnehmen zu können… Ein also doch wohl unübersehbarer Gegensatz zwischen derartig offensichtlicher Schlichtheit (oder vielleicht sogar eher „Armseeligkeit“) dieser Klappenkonstruktion und den dazu so wortreich von mir vorgetragenen Begründungsdarlegungen, die dann wohl doch eher als wortgewichtig-übertrieben und vergleichsweise unangemessen erscheinen können.
Ich habe nun nicht vor, anlässlich derartig nahe liegender Einwände und entsprechender Abneigungshaltungen, etwa zu widersprechen. Eher neige ich dazu, denen, die hier auf der Feststellung eines solchen Form-Gegensatzes von praktisch-schlichter Konstruktionswirklichkeit und aufwändig vorgetragenen theoretischen Darlegungen zu komplizierten und komplexen Entwicklungsvorgängen bestehen wollen, zustimmend Recht zu geben und dies für eine durchaus sachliche Feststellung zu halten. Denn ich werde dabei sowohl Wert auf die Hervorhebung der Einfachheit meiner Konstruktion, als auch weiterhin Wert auf meine dazugehörigen, dann eben keineswegs mehr „einfachen“ Überlegungen und Ausführungen legen. Diese Konstruktion ist nicht nur, gemessen an ihrer äußeren Form, von besonderer Einfachheit, sondern sie ist dies auch im Prinzip, also entsprechend ihrem wesentlichen Inhalt bzw. ihrem eigentlichen Wesen nach. Und genau in diesem Spannungsfeld, in dieser nun ganz anderen Art von zu bedenkender Gegensatz-Unterschiedenheit, besteht eben die Problematik, über die ich hier, angelegentlich dieser sicherlich keineswegs allzu überwältigenden kleinen Erfindung, noch reden möchte. Und wenn ich dies tue, so muss ich auch sogleich sagen, dass diese meiner Meinung nach durchaus auch schon in manch anderen Köpfen oder auch anderen „Musikinstrumentenbasteleien“ vorgekommen sein mag – , sich aber (soweit ich sehen kann) bislang noch nicht als tatsächliche technische Alternative in der bisher bekannten Geschichte des Musikinstrumentenbaues deutlich verwirklicht findet. Ob wir nun – ebenso wie etwa über die älteren Geschwister des Krummhorns – nur nichts mehr darüber wissen, oder ob eine solche Konstruktions-Idee nun tatsächlich bislang nur in meinem Kopf und in meiner Werkstatt in bislang völlig einmaliger und insofern auch authentisch-einzigartiger Weise „erfunden“ und dann auch von daher verwirklicht worden ist, wird von mir alleine nicht zu erfahren sein. Um aber sowohl die spezielle Besonderheit einer solchen Idee, als auch bestimmte, aus meiner Sicht dabei anstehende weitere Möglichkeiten ihrer Nutzung noch deutlicher zu machen, muss ich nun noch auf drei weitere Aspekte dazu verweisen.
  1. Erstens war mir diese Idee und die dann dazu von mir verwirklichte Konstruktion deswegen ausgesprochen wichtig, weil ich mit dieser Form neuartiger Klappenanbringung weitaus freier im Sinne meines Wissenschaftskonzeptes zu „vergleichsanalytischen Experimentalmodellen“ umgehen konnte. Freier als mit allen anderen mir bislang bekannten Möglichkeiten von Klappenanbringung an Schalmeieninstrumenten. Derartig einfache „Klemm-Schellen aus Draht“ können im Prinzip an nahezu jeder Stelle einer beliebigen Schalmeienröhre installiert und dort auch in einer unvergleichlich bequemen, aber letztlich auch stets höchste Präzision gewährleistenden Weise eingerichtet, feinjustiert und jederzeit wieder nachreguliert werden. Und all dies alles lässt sich damit weitaus besser als mit den bisher musikinstrumentell üblichen Methoden verwirklichen. Dabei lassen sich solche Klappeninstallationen nötigenfalls auch so anbringen, dass sie ohne irgendwelche Beschädigungen am Instrumentenholzkörper zu hinterlassen, jederzeit wieder ab- und an anderer Stelle wieder angebaut werden können.(14) Im Sinne meines vergleichsanalytischen Experimentalkonzeptes ergaben sich damit weitere spezifische Vorteile, die weit über das hinausgehen, was ich bislang als vorteilhaft im Sinne meines bisherigen Vergleichs zu dem, was die Geschichte des Musikinstrumentenbaues uns ansonsten dazu anbietet, hervorheben konnte.
  2. Außerdem war mir dabei stets wichtig, dass diese eben überaus einfache Konstruktionsmöglichkeit, auch allen anderen, vielleicht auch weniger akribisch agierenden Instrumentenbau-Amateuren empfohlen werden kann. Es ist eben eine Klappeninstallationsmöglichkeit, die vom Prinzip her auch ohne allzu großen Aufwand von jedem bastlerisch engagierten Schalmeien- und Dudelsack-Liebhaber, der ein bisschen Draht biegen, feilen und löten kann, in vorteilhafter Weise selbst zu verwirklichen ist.
  3. Ich sehe aber auch viele Gründe und Möglichkeiten, diese Konstruktionsform perspektivisch auch im Sinne der qualifizierteren professionellen Musikinstrumentenherstellung, als eine eben prinzipiell andere technische Möglichkeit der Installation von Klappen, zu empfehlen, oder zumindest immer wieder en detail zu erwägen. Insbesondere da, wo es eher um Instrumente mit nur wenigen Klappen geht. So wäre sie beispielsweise auch für die unter vielen Folk-Musikanten so überaus beliebten dünnen Blechflöten zu empfehlen, wo sie im Prinzip noch einfacher als auf den dabei zu vergleichenden hölzernen Instrumenten angebracht werden könnten. Und dabei liegt auch auf der Hand, dass neben der besonderen Einfachheit dieser Grundkonstruktion auch alle ihre weiteren spezifischen Vorteile und Besonderheiten eben auch in professionell abgefeimterer und entsprechend perfektionierterer „Instrumentenbauermanier“, also auch in ganz anderen Gestaltungsweisen und mit anderen Werkstoffen, genutzt werden kann. So etwa mittels feinster Klemmringe aus entsprechend auf Goldschmiede-Niveau gestalteten Edelmetallen und/oder auch mittels entsprechend penibel und solide angelegter Schraub- und Achs-Verbindungselementen auf Uhrmacher-Niveau sowie sonstigem entsprechend musikinstrumentenadäquat konzipierten Klappengestaltungsbeiwerk, welches unter jetzigen technischen Voraussetzungen auch in immerwährend materialschonender (d.h. also auch „instrumentenkörperschonender“) Weise durch jeweils wieder auflösbare, aber im Gebrauch völlig sichere und auch ästhetisch unanfechtbare Klebeverbindungen usw. garantiert werden könnte.
Da ich nun angelegentlich dieser letztlich doch einfachen Art von Klappenanbringung so ausführlich über die Möglichkeit derartiger einfacher Lösungen innerhalb von Entwicklungszusammenhängen, die ansonsten eher zu komplexeren und technisch komplizierteren Lösungen tendieren, gesprochen habe, möchte ich auch deutlich machen, warum ich dies getan habe, denn immerhin hatte ich dazu bereits einleitend bemerkt, dass ich dafür auch „besondere Gründe“ habe.
Ich denke nämlich, dass sich – sobald man näher hinschaut - eine solche spezielle Erscheinungsform von besonderer Einfachheit auch in Hinsicht auf das ganze von mir hier vorgestellte „Doppelrohrblatt-Klarinetten-Instrument“, und eben nicht nur in Hinsicht auf seine besondere Klappenkonstruktion, vermerken lässt. Mit dieser einfachen Schalmeien-Holzröhre, die lediglich mit einem Doppelrohrblatt, einigen Grifflöchern und dann vier Klappen ausgerüstet ist, konnte nun eine im System musikinstrumenteller Technik bislang unbesetzte Stelle, also sozusagen ein „weißer Fleck auf der Landkarte natürlich-akustischer Musikinstrumente“ ausgefüllt werden. Und dieses mittels einfachster Klappentechnik überblasbar gestaltete einfache Instrument steht in diesem Systemzusammenhang nun unmittelbar neben so hochkomplexen und komplizierten, mit raffiniertesten Klappensystemen ausgestatteten Verwandten wie Klarinette, Oboe und Saxophon usw. Zur Neuartigkeit dieses einfachen Musikinstrumentes gehört dabei aber auch, dass es nicht nur systemisch-systematisch im Zusammenhang mit diesen per Lippenansatz angeblasenen Instrumenten zu bedenken ist, sondern auch in einem nun neu erweiterten Systemzusammenhang bedacht werden muss:
Unter den am Dudelsack überblasbaren Schalmeieninstrumenten kannten wir bislang nur solche, die dies mit Doppelrohrblatt und konischer Bohrung realisieren konnten. Bei der Melodiepfeife der Irish Union Pipe, welche über einen Tonumfang von zwei Oktaven verfügen kann, ist dies bislang wohl am ausgefeiltesten verwirklicht worden. Angesichts der hier vorgestellten „Doppelrohrblattklarinetten-Dudelsackpfeife“ haben wir es in diesem nun damit erweiterten Spezialbereich von überblasbaren Dudelsackpfeifen nun bereits mit zwei Positionen zu tun, und es können dann sofort auch Fragen zu weiteren möglichen offenen Stellen, etwa in Richtung auf entsprechend neuartig zu konzipierender membranophoner oder auch lamellophoner Möglichkeiten am Dudelsack, aufgeworfen werden…
Ich denke aber weiterhin vor allem an die hier dargelegten spezifischen Möglichkeiten der künftigen Verbesserung einer entsprechenden Doppelrohrblatt-Klarinette als Dudelsackmelodiepfeife. Falls dieser besonderen „Musikinstrumentenkonstruktion“ nun tatsächlich eine weitere Entwicklung im Sinne der ausgeprägteren Entfaltung ihrer spezifischen Möglichkeiten bevorstehen könnte, so denke ich, dass sie dabei, also unter den spezifischen Verhältnissen und Besonderheiten von „Dudelsackmusikkultur“, vielleicht in einer solchen Weise verbessert oder auch perfektioniert werden kann, dass dabei vielleicht auch bestimmte Merkmale ihrer besonderen musikinstrumentellen Einfachheit erhalten bleiben können.
Dazu möchte ich – wiederum aus vergleichsanalytischer Sicht – noch auf bestimmte Fakten innerhalb der bisherigen Entwicklungstendenzen entsprechender zylindrischer Dudelsackpfeifen mit Doppelrohrblatt hinweisen.
In der Geschichte derartiger „Hümmelchen-Instrumente“ ist das Bedürfnis zur Erweiterung des Tonumfangs ihrer Melodiepfeifen unübersehbar.
Dabei kann man nun im Prinzip drei unterschiedliche Entwicklungsstrategien vermerken, welche sich jeweils in ganz anderer Weise „aufwändig“ gestalteten.
Natürlich war zunächst nahe liegend, weitere Klappen an der Melodiepfeife anzufügen, was wohl als erstes in Frankreich an der „Musette“ verwirklicht wurde. Mit diesen balgbetriebenen Instrumenten konnten dann mittels einer, neben ihrer ursprünglichen Melodiepfeife angefügten Zusatzeinichtung, auch noch weitere, höher gelegene Töne, durch das dortige Öffnen verschiedener Klappen zugeschaltet werden, so dass sich bei diesen Instrumenten ein Melodieumfang von zwei Oktaven bewältigen lässt.
Einen anderen Entwicklungsweg können wir bei der Northumbrian-Small-Pipe vermerken, für welche eine entsprechend verlängerte Spielpfeife entwickelt wurde, mit der sich ebenfalls ein Tonumfang von zwei Oktaven spielen lässt, welcher dabei allerdings auch einen entsprechend großer Aufwand an zusätzlicher Klappenmechanik erforderlich machte.
Der von mir dann bereits 1989 vorgestellte und heute wieder detaillierter erläuterte Entwicklungsweg im Sinne einer am Dudelsack betriebenen „Doppelrohrblatt-Klarinette“, mit welcher sich dann auch mehr als zwei Oktaven realisieren lassen können, erscheint hingegen weniger aufwändig, da sich hier weder eine Zusatzeinrichtung neben der eigentlichen Melodiepfeife, noch eine überdimensionale Verlängerung der Melodiepfeife und auch keine entsprechende Vielzahl von zusätzlichen Klappen erforderlich macht.
Es machte sich auf diesem ganz anderen Entwicklungsweg aber ein besonderer Aufwand hinsichtlich verschiedenster Experimente sowie dann auch an entsprechender „Präzision“ hinsichtlich der Maßgenauigkeit bzw. der Detailgestalt bestimmter Instrumentenelemente erforderlich. So verfügen beispielsweise die bereits beschriebenen Präzisionsröhren der verwendeten Tongeneratoren über eine Wandstärke von nur einem Zehntel Millimeter und hinsichtlich der erst nach vielen Experimenten und Veränderungen effektiv wirkenden Gestaltung der in den Schalmeienkörper eingelassenen Metallbuchse für die besonders präzise anzulegende „Duodezim-Überblasbohrung“, konnte ich erst dann befriedigende Ergebnisse erreichen, als diese eine bestimmte präzise Formgestalt und dabei eine Innenbohrung von lediglich 0,6 mm erhielt. Ich denke, dass derartige Maßhaltigkeitsdimensionen, die auch in der Geschichte der bisherigen professionellen Herstellung von sonstigen Blasinstrumenten durchaus ungewöhnlich sind, sowohl bei der weiteren möglichen Verbesserung dieses hier von mir vorgestellten „Experimentalmodells“, als auch hinsichtlich möglicher Neugestaltungen und prinzipieller Weiterentwicklungen eines derartigen „Doppelrohrblatt-Klarinetten-Projektes“ beachtet werden müssen.
Außerdem denke ich dabei, dass nunmehr Ihre Wissenschaftsinstitution, also die Musikhochschule des Saarlandes, wohl die einzige in der Welt ist, welche über eine Musikinstrumentensammlung verfügt, innerhalb derer sich auch ein darin entsprechend systematisch platzierbares Instrument befindet, welches in einer exakten Weise als „Doppelrohrblatt-Klarinette“ zu verstehen ist.
Soweit dazu.
Vor Ihnen liegt nun noch eine weitere, speziell für windkapselbeblasene und dudelsackbetriebene „Schalmeienistrumente“ konzipierte Innovation aus meiner Werkstatt, welche ich Ihnen nun noch kurz erklären und vorführen möchte.
Es handelt sich dabei um ein zwischen Windkapsel und Schalmeienkörper zusätzlich eingefügtes Zwischenstück, in welchem sich der jeweilige Tongenerator des Instrumentes befindet.
Dieser kann dort entweder fest eingelassen sein oder auch innerhalb einer dort befindlichen Haltevorrichtung mittels einer wieder auflösbaren Fadenwicklung jeweils eingebunden und festgezurrt werden.
Ein solches als Feinstimmeinrichtung konstruiertes Zwischenstück wird nun einerseits in die Windkapsel (oder eben die Melodiepfeifenfassung des Dudelsackes) eingesetzt, und andererseits auf den Schalmeienkörper aufgesetzt. Damit kann dann das Instrument jederzeit, also auch während des Spiels, ein- oder nach-gestimmt werden, ohne dass es dazu jeweils herausgenommen werden muss.
Der Tongenerator muss dabei also auch nicht mehr in der ansonsten üblichen Weise, mit den Fingern berührt und verschoben werden.
Die Idee für eine solche Feinstimmeinrichtung ist nun wieder denkbar einfach, aber die entsprechend funktionssicher-präzise Herstellung eines solchen, den Tongenerator exakt und festsitzend aufnehmenden Zwischenstückes, ist dann keineswegs unproblematisch. Hier wird auch die weitere Bedeutung der von mir jeweils im Kopf solcher Schalmeieninstrumente installierten präzisen Führungshülse deutlich, denn diese erweist sich nun auch als wesentliche Vorraussetzung für das einwandfreie Funktionieren dieser zusätzlichen Feinstimmeinrichtung. Dass aber eine solche Zusatzeinrichtung, wie offensichtlich „untraditionell“ sie auch sein mag, doch durchaus praktisch für manchen Dudelsackspieler oder auch Spieler von windkapselbestückten Schalmeieninstrumenten – so etwa auch von Krummhörnern - sein kann, liegt wohl auf der Hand. Und auch hier kann es eine spannende Frage für mich sein, ob und wie ein solches, für die Spieler derartiger Instrumente speziell entwickeltes Angebot, welches ich schon seit vielen Jahren immer wieder vorgestellt habe, vielleicht doch einmal eine Rolle bei entsprechend aufgeschlossen aktiven Musikanten spielen könnte.
Lassen Sie mich nun abschließend noch Folgendes sagen:
Wenn ich in der Weise, wie sie mich nun hier erlebt haben, über die Möglichkeiten neuartig zu gestaltender Tongeneratoren, alternative Methoden von Klappenkonstruktionen sowie über duodezimüberblasbare Dudelsackpfeifen mit speziellen Feinstimmeinrichtungen usw., aber eben auch über die damit zusammenhängenden Notwendigkeiten der Schärfung und Weiterentwicklung bestimmter systematischer Vorstellungen und Begriffe spreche, so muss ich mich natürlich auch mit einer gewissen inneren Gelassenheit wappnen, denn soweit wie ich die oft auch eigentümlich wechselhafte Geschichte des europäischen Musikinstrumentenbaues sowie eben auch den letztlich doch dazugehörigen Zustand der Musikinstrumentenkunde, aber eben auch bestimmte, mir oft einfach nur als irrational erscheinenden Auswirkungen des Traditionalismus innerhalb bestimmter Musiker-Szenen oder auch bei bestimmten Instrumentenbauern einzuschätzen vermag, so besteht wohl keinerlei Veranlassung zu der Annahme, dass diese Dinge, die ich hier vortrage, nun vielleicht auch alsbald schon auf den dafür erforderlichen „fruchtbaren Boden“ treffen werden.
Ich sehe die Lage eher anders, denke aber, dass es durchaus möglich sein kann, dass
diese hier dargelegten Problemsichten doch auch zukünftig noch, oder dann vielleicht auch „wieder“, zur Kommunikation anstehen können. Zumindest mag dies unter den heutigen technischen Vorraussetzungen der Informationsverarbeitung sowie den beeindruckenden Möglichkeiten auch sinnvoll organisierter Informationsspeicherungen, schließlich nicht als aussichtslos gelten.
Und falls eine solche fruchtbar in die Zukunft wirkende „Informationserhaltung“ auch gelingen mag, so wird sich dann vielleicht auch schon mehr zu solchen großen Fragen wie: “Mit welcher Systematik-Auffassung wollen wir denn nun versuchen, die Entwicklung musikinstrumenteller Technik künftig besser zu verstehen?“ oder auch zu solch kleinen Fragen wie: „Welche weiteren Entwicklungsmöglichkeiten sind denn nun in Hinsicht auf eine dudelsackspezifische Doppelrohrblattklarinette abzusehen?“ oder auch: „Wie innovationsoffen verhalten sich eigentlich inzwischen die Spieler, aber auch die Hersteller so genannter ’historischer’ oder auch ’traditioneller’ bzw. auch ’folkloristischer’ Musikinstrumente?“ usw. aussagen lassen. Ob nun in Form enttäuschender Antworten, weil eben weiterhin nichts Wesentliches unternommen wurde und auch nichts Besonderes weiter geschah, oder eher in Form weiterer fruchtbarer Fragestellungen aus den Erfahrungen der bis dahin unternommenen weiteren Wissenschaftsbemühungen und auch zu vermerkenden weiteren lebendigen Musik- und Musikinstrumenten-Entwicklungen - die es ja in jedem Falle geben wird.
Auf jeden Fall aber wird auch das, was wir heute dazu sagen und bislang machen konnten, voller wichtiger Informationen für eine Zukunft sein, von der wir zumindest wissen können, dass unsere auf diese hin erarbeiteten Erkenntnisse und Offerten dann auch für die Menschen in dieser Zukunft wichtig für deren eigene Selbsterkenntnismöglichkeiten zu ihrer eben auch von uns herrührenden Geschichte sein können. Und möglicherweise werden sie dann am Beispiel solcher wie der hier von mir aufgeworfenen Problemkonstellationen nicht so dastehen müssen, wie doch wir etwa angesichts von Dolzaina, Krummhorn und „Cornamusa“ heute: mit allzu vielen, vielleicht für immer unbeantwortbaren Fragen, die dann nur noch ins Leere gehen können…
Mit der wachsenden Menge von sinnvoll fixierten Informationen darüber, was Menschen bislang gedacht und getan haben, wird hoffentlich die Menge derartiger, später „ins Leere gehender Fragen“ immer wieder dezimiert werden können. Freilich nur, falls es auch gelingt, dass diese Informationen tatsächlich bis zu den Menschen in dieser Zukunft gelangen, und dort auch entsprechend ernst genommen werden können. Dass Derartiges jedoch nicht immer gelingt, können wir bereits aus der bisherigen Geschichte wissen.(15)
*
Anmerkungen/Quellen:
(01)
Ich möchte betonen, dass diese Danksagung aus der Einleitung meines Vortrages hier keineswegs als gelegentliche Floskel eingeflochten wurde, sondern im engen Zusammenhang mit dessen Schlussformulierungen und demgemäß auch mit der Anmerkung in Nr.15) steht.
(02)
Da ich hier vor Angehörigen einer Musikhochschule spreche, gehe ich natürlich davon aus, dass den Zuhörern der Unterschied zwischen Martinshörnern einerseits und Schalmeien im bislang landläufigen Sinne andererseits, bekannt ist und es hier also nicht erforderlich sein wird, ausdrücklich zu verdeutlichen, dass es sich bei den einen eher um eine bestimmte Form eines modernen metallenen Signalhorns und bei den anderen eher um traditionelle hölzerne Blasinstrumente handelt. Dass dann aber die aus solchen metallnen Signalhorninstrumenten zusammengesetzten Straßenkapellen, deren Repertoire doch wesentlich aus Marschmusik und Liedern der Arbeiterbewegung besteht, allgemein als Schalmeienkapellen bezeichnet wurden, kann durchaus auch so interpretiert werden, dass diese sich an ein Volksmusikinstrument anlehnende „Begriffsbildung“ wohl auch auf dem Hintergrund einer Haltung heraus erfolgte, welche dazu neigte, sowohl in deren Musik, als auch hinsichtlich der sozialen Entstehungsbedingungen dieser Musizierweise, eine größere Nähe zu Volksmusik und Volksmusikantentum zu erkennen als bei sonstigen Marsch- und Militärmusikformationen.
(03)
So finden wir etwa bis in die Gegenwart hinein in vielen deutschen Städten (so beispielsweise auch in Berlin) „Pfeifergassen“ oder auch den bis heute (so auch immer noch im Vogtland, etwa Klingenthal oder Markneukirchen) durchaus in ehrwürdiger Weise benutzten Begriff des „Pfeifenmachers“, und innerhalb vieler Stadtgeschichten Deutschlands haben wohl auch Zünfte und Gilden usw. von entsprechend achtbaren „Pfeifenmachern“ eine nachweisbare Rolle gespielt. Vielleicht käme also auch das in musikinstrumenteller Hinsicht zweifellos ebenfalls bedeutende Wort „Pfeife“ statt „Schalmei“ für eine solche wie hier von mir im Sinne von mehr Exaktheit angestrebte „Begriffsneufestlegung“ in Frage? So betrachtet, könnte unter dem Aspekt der hier bislang angegangenen Wortvergleichung doch auch schon bemerkenswert sein, dass da, was unsere Geschichte betrifft, von „Schalmeien“ durchaus weniger die Rede ist. Was aber „Pfeifen“ betrifft, so finden wir innerhalb der deutschen Sprache dann auch noch verschiedene weitere, sowohl auf verschiedene Musikinstrumente als auch auf bestimmte Rauchergerätschaften bezogene Bedeutungen des Wortes.
Aber bei seiner Verwendung im Sinne von bestimmten Musikinstrumenten ist eben bei dem Wort „Pfeife“ keine so deutliche Tendenz der Trennung von Flöteninstrumenten und anderen Blasinstrumenten angelegt, wie wir sie bei dem Wort „Schalmei“ ja durchaus konstatieren können. Und wir können da noch etwas anderes konstatieren, was vielleicht mit der von mir angemerkten „etymologischen Ehrwürdigkeit“ des Wortes zusammenhängen mag: Das Substantiv Schalmei bietet uns, ganz anders als etwa das Substantiv „Pfeife“, in der deutschen Sprache keine unmittelbar profanierende Anwendung auf der Ebene des Verbs an. Wir können mit bestimmten Blasinstrumenten zwar pfeifen oder flöten usw., mit Schalmeien hingegen können wir nur spielen und blasen usw., aber eben nicht „schalmeien“. Aber – und das gehört eben auch zu den Besonderheiten bisheriger Bedeutungsmöglichkeiten dieses Substantivs – wir könnten mit Schalmeien beispielsweise durchaus „trompeten“, wohingegen wir mit Pfeifen eben doch eher „flöten“…
Noch deutlicher zeigen sich die Wortunterschiedlichkeiten dann, wenn ich mich den anderen bereits genannten Aspekten zuwende und den fragenden Blick nun etwa im oben genannten Sinne auf die Vielfalt von Nebenbedeutungen und weitere assoziativ unvermeidliche Sinngehalte richte, welche bei der Verwendung der Worte „Pfeife“ und „Pfeifen“ stets mitschwingen können.
Ich meine hier keineswegs schon die Verwendung des Wortes „Pfeife“ als simples Schimpfwort, die mit musikinstrumentellen Aspekten gar nichts mehr zu tun haben braucht, sondern vielmehr gerade seine musikinstrumentell relevanten Aspekte. Wenn, wie zuweilen heute noch gesagt wird, auf etwas „getrommelt und gepfiffen sei“, so steht ganz fraglos das Klangbild letztlich martialisch militärischen Musizierens im Hintergrund, und wir haben es, zumal in Erinnerung an jüngere deutsche Geschichte, eben auch mit spezifischen Varianten preußischer Militärmusik oder auch der dieser Tradition durchaus nahe stehenden, spezifischen Musizierweisen deutscher Turnervereine in der Nachfolge von „Turnvater Jahn“, zu tun. Dass uns dabei nun auch die zweifellos ebenfalls ausgesprochen militärmusikanalogen Musizierweisen so genannter „Schalmeienkapellen“ der Arbeiterbewegung in die Quere kommen, ist dabei jedoch keineswegs historisch so fest und tief verwurzelt wie eben das eher machtorientierte „Pfeifen auf Pfeifen“ oder auch das im gleichen Sinnzusammenhang nahe liegende, ebenfalls sprichwörtliche „Zurückpfeifen“ oder auch „zur Ordnung pfeifen“. Was dieses betrifft, so können uns sowohl besondere Flöteninstrumente, als auch bestimmte Dudelsackpfeifen - also auch ein Instrumentarium, welches entsprechende „Pfeifenklänge“ sowohl im Zusammenhang mit Landsknechtsaufmärschen und etwa auch dudelsackbegleiteten öffentlichen Hinrichtungen, als auch mit entsprechend akustisch gestaltetem Polizei- oder auch Schiedsrichter-Verhalten assoziieren muss, im Sinn sein. Ganz klar, dass sich mit Pfiffen und Polizeipfeifen effektiv „zur Ordnung pfeifen“ oder eben auch zum „Angriff blasen“ lässt, wohingegen uns der Hirte mit seiner Schalmei eben eher auf den Frühling einstimmen wird oder dann auch zu anderen Jahreszeiten die Vorstellung friedlicher Kommunikation mit seiner Herde oder seinen Kollegen vermitteln kann. Und wenn ich nun auch noch mit eher mutwilligen Beispielen übertreiben wollte, so könnte ich hinzufügen, dass doch oftmals gerade das Wort „Schalmei“ wohl eher im Zusammenhang mit Engeln, als etwa in Verbindung mit Polizisten und Soldaten oder gar dudelsackblasenden Mitgestaltern von Hinrichtungszeremonien auftaucht, auch wenn gerade die Letzteren doch wieder „Schalmeien“ als ihre Melodie-„Pfeifen“ nutzen. Aber auch ohne solche Übertreibungen und entsprechend widersprüchliche Reflexionen dazu, lassen sich eben doch deutliche Differenzierungen bezüglich der kulturellen Bedeutungsbelegung und konkret möglicher musikinstrumenteller Sinnbelegungen bei diesen beiden, inhaltlich letztlich doch ganz andersartigen Musikinstrumentenbezeichnungen vermerken.
(04)
Das mit dieser von M. Prätorius benutzten Bezeichnung für das hier in Rede stehende Instrument ein offensichtlich unglücklich gewählter und irreführender Begriff in die musikwissenschaftliche Literatur geraten ist, sollte meiner Meinung nach stets entsprechend beachtet und demgemäß auch kritisch gesehen werden.
(05)
Eichler, Bernd H. J., Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990
(06)
Eichler, Bernd H. J., Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West;
(Vortrag vom 4.12.2004 zur Internationalen Arbeitstagung "Musikinstrumentenbau im interkulturellen Diskurs" des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Bonn.);
sowie:
Eichler, Bernd H. J., Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990
(07)
Eine weitere Besonderheit der dünnwandigen Messingröhren dieses Tongenerators besteht darin, dass diese, falls sie sich durch Übernutzung innerhalb der „Führungshülse“ gelockert haben sollten und insofern auch nicht mehr luftdicht abschließen, auch mit geringem Werkzeugaufwand jederzeit wieder angepasst bzw. „aufgeweitet“ werden können.
(08)
Aus heutiger Sicht erscheint es mir nicht nur besonders bemerkenswert, sondern im Nachhinein auch als durchaus aufschlussreich, dass sich - zunächst emporrankend an einer Kritik zu dieser kleinen Metallhülse - im Weiteren dann eine ganz ausgeprägte, letztlich zunehmend steigernde Diskriminierungskampange gegen meine musikinstrumentenkundlichen und folkloristischen Initiativen in der DDR ergab, wobei ich hier nur auf die damaligen Argumente seitens des ASMW in Markneukirchen verweisen möchte. Auf dieser quasi „staats-amtlichen“ Ebene von Musikinstrumentenbeurteilungen war damals davon die Rede, dass mit der „traditionsverletzenden Einbringung einer solchen Metallbuchse in ein Holzblasinstrument, eine das Instrument gefährdende, ’doppelte Kondensationsstelle’ geschaffen werde“, wozu alsbald auf anderen Ebenen dann auch davon die Rede war, dass „in Eichlers Schalmeien offenbar metallne Hohlnieten mit dem Hammer ins Holz“ eingeschlagen werden…
(09)
Eichler, Bernd H. J., Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990
(10)
Eichler, Bernd H. J., Einige Bemerkungen zur Dudelsackentwicklung in der DDR und zu erweiterten Möglichkeiten eines Hümmelchen-Instrumentes, (Vortrag beim Internationalen Festival der Dudelsackpfeifer, August 1989 in Strakonice CSSR)
(11)
Eichler, Bernd H. J., Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West;
(Vortrag vom 4.12.2004 zur Internationalen Arbeitstagung "Musikinstrumentenbau im interkulturellen Diskurs" des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Bonn.);
sowie
Eichler, Bernd H. J., Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990
(12)
Natürlich habe ich auch selbst einmal das Doppelrohrblatt dieses Instrumentes auf einen Eb-Klarinettenkörper aufgesetzt und tonerzeugend angeblasen, jedoch ohne dann etwa noch weitergehend zu versuchen, nun auch die akustische Länge dieses Klarinettenkörpers und seine entsprechende Klappenmechanik diesem Tongenerator genauer anzupassen…
(13)
Eichler, Bernd H. J.,  Einige Bemerkungen zur Dudelsackentwicklung in der DDR und zu erweiterten Möglichkeiten eines Hümmelchen-Instrumentes, (Vortrag beim Internationalen Festival der Dudelsackpfeifer, August 1989 in Strakonice CSSR) In: www.bhje.de
Damals vertrat ich noch ein anderes Konzept in Hinsicht auf weitere Tonlochbohrungen und meine entsprechende Hümmelchen-Pfeife verfügte weder über die nunmehrige Doppellochbohrung, noch über die Präzision bestimmter heutiger Details...
(14)
Da das hier vorgestellte Instrument nur über „Längsklappen mit Querachsen“ verfügt, welche jeweils nur eine Drahtschelle erfordern, möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass selbstverständlich auch „Querklappen mit Längsachsen“ auf diese Weise montiert werden können, welche dann allerdings zwei etwas anders gestaltete Drahtschellen erforderlich machen können.
(15)
Ich habe diese abschließenden Sätze auch im Rückblick auf meine Danksagung aus der Einleitung dieses Vortrages formuliert, da ich nicht davon absehen kann, mit welcher Stringenz und welch hohem personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwand doch die neue politische Administration nach dem Zusammenbruch der DDR dafür gesorgt hatte, mir genau solche Möglichkeiten weitgehend zu verschließen und eben auch Menschen wie mich aus dem normalen Wissenschaftsbetrieb weitmöglichst auszuschließen. Also auch bestimmte Informationen über das, was diese wirklich gedacht und getan haben, möglichst nicht zukunftsrelevant werden zu lassen.

*